Abmahnwellen: kleine Fische und große Haie

Datenlage der Bundesregierung zum „Abmahnmissbrauch“ – von Rechtsanwalt Daniel Sebastian, Berlin, zugleich Geschäftsführer der IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Politisch viel diskutiert, heiß besprochen an Stammtischen sind immer wieder Fragen rund um einen vermeintlichen Abmahnmissbrauch. Politisch beliebt sind daher Initiativen, Erklärungen und Projekte den Missbrauch zu stoppen. So hatte die Bundesregierung am 15. Mai 2019 den Regierungsentwurf des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs veröffentlicht. Durch diesen Gesetzentwurf versucht die Bundesregierung, den Abmahnmissbrauch einzudämmen. Innerhalb der Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) plant die Bundesregierung, den Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für Abmahnungen wegen Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten auf Telemedien für Wettbewerber auszuschließen. Der Anspruch der qualifizierten Wirtschaftsvereine, der qualifizierten Einrichtungen sowie der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern auf die Erstattung der Kosten für eine berechtigte Abmahnung sollen davon unberührt bleiben. Die Bundesregierung rechtfertigt dies mit der Annahme, „dass der Großteil der Abmahnungen von Wettbewerbern wegen Verstößen im Online-Handel ausgesprochen wird, weil in diesem Bereich Verstöße durch den Einsatz von Crawlern einfach und automatisiert festgestellt werden können und zahlreiche besondere Informationsverpflichtungen bestehen“. Es handelt sich bei der Diskussion also nicht um Urheberrecht, sondern ein Spezialproblem des Onlinehandels.

Vorbemerkung der Bundesregierung in einer Erklärung zu dem Gesetzesvorhaben – Bekenntnis zu Abmahnungen im Grundsätzlichen

Grundsätzlich bekennt sich die Regierung, dass das dem Grundsatz nach sinnvollem und bewährtem Instrument der Abmahnung erhalten bleiben soll. Abmahnungen sind Rechtsinstrumente der Selbstregelung der Parteien, weil Rechtsfrieden außerhalb von Gerichtssälen gefunden werden soll. Ärgerlich sind die damit verbundenen Kosten, weil die Rechtsordnung grundsätzlich entschieden hat, dass der Verursacher auch die Kosten des Verfahrens tragen muss. Dieses Verursacherprinzip wird immer dann in Frage gestellt, wenn es um Abmahnungen geht.

Datenlage zur Abmahnmissbrauch dünn

Abmahnungen erfolgen ohne die Einbeziehung staatlicher Stellen zwischen Privaten, so dass der Bundesregierung zur Anzahl der Abmahnungen bzw. missbräuchlichen Abmahnungen keine offiziellen Daten vorliegen. Die zahlreichen Eingaben von Betroffenen und die Berichte von Verbänden und Industrie- und Handelskammern, die die Bundesregierung erhält, belegen jedoch, dass der Missbrauch von Abmahnungen eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen weiterhin erheblich belastet, sagte die Regierung 2019. Die Regierung reagiert also mehr oder minder auf Gerüchte und nicht auf Fakten; sinnvoll ist es sicherlich Abmahnungen auf echte Gesetzesverstöße zu begrenzen und nur echte Geschädigte als Anspruchsteller zuzulassen. Dieses ist z.B. im Filesharing-Bereich für Urheberrechtsverstöße längst geschehen. Hier hat die Rechtsordnung umfangreiche Regelungen getroffen, die sich bewährt haben und europaweit ähnlich gelten. Europa geht hier zum Beispiel mit der Urheberrichtlinie voran, die Regelungen zur urheberrechtlichen Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen wie beispielsweise YouTube enthält.

Autor: Rechtsanwalt Daniel Sebastian, Kurfürstendamm 103, 10711 Berlin

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