Die Corona-Pandemie führt bei vielen energieintensiven Unternehmen zu Produktionseinbußen, wodurch sie nicht mehr die Voraussetzungen erfüllen, um substanzielle Stromkostenerleichterungen etwa bei den Netzentgelten und der EEG-Umlage zu erhalten. Der Gesetzgeber hat jetzt neue Verordnungen beschlossen, die hier Abhilfe schaffen sollen – allerdings ohne zentrale Anpassungswünsche der meisten Verbände zu berücksichtigen: Die Gefahr ist daher nicht gebannt.
Die folgenden Entlastungen sind trotz Neuregelungen leider nur teilweise gesichert:
1.
Wer 2019 die Voraussetzungen für reduzierte Netzentgelte aufgrund intensiver Netznutzung (StromNEV §19 Abs. 2 Satz 2) erfüllt hat, profitiert automatisch auch 2020 davon – unabhängig davon, ob er die geforderten 7.000 Benutzungsstunden wirklich schafft.
Nahezu alle der rund 1.000 gelisteten Unternehmensstandorte (z.B. Chemie-, Glas-Industrie), die alle weltweit in hartem Wettbewerb stehen, dürften 2020 unter den geforderten 7.000 Stunden liegen. Sie sind auf diese Ersparnis von 100.000 Euro bis hin zu mehreren Millionen Euro jedoch dringend angewiesen.
Achtung: Obwohl für 2021 eine ähnliche Situation zu erwarten ist, ist für diesen Zeitraum noch keine Lösung vorgesehen. Betroffene Unternehmen sollten sich daher frühzeitig mit dem drohenden Verlust der Sonderregelung auseinandersetzen.
2.
Für die atypische Netznutzung (StromNEV §19 Abs. 2 Satz 1) hingegen ist keinerlei Lösung in Sicht, obwohl sie weit mehr Unternehmen betrifft (geschätzt ca. 5.000 – 6.000 Unternehmensstandorte): Diese Betriebe verlieren damit bereits 2020 ihre Ermäßigung in Höhe von mindestens fünf bis hin zu 70 Prozent der Netzentgelte, wenn Kurzarbeit o.ä. zu Abweichungen bei den Stromlastgängen geführt hat. Betroffene müssen folglich im Frühjahr 2021 mit Nachforderungen durch die Netzbetreiber rechnen und werden 2021 mit höheren Netzentgelten belastet.
3.
Die „Besondere Ausgleichsregelung“ (BesAR) für stromkostenintensive Unternehmen mit einer reduzierten EEG-Umlagehöhe wird in der EEG-Novelle 2021 neu geregelt (RegE-EEG 2021; bislang nur im Kabinett verabschiedet am 23.09.2020):
°°° Pandemie-bedingte Produktionsrückgänge sollen sich künftig weniger negativ auswirken, indem die Berechnungsgrundlage angepasst wird: Zur Ermittlung der Bruttowertschöpfung kann der Antragsteller künftig aus den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren die beiden auswählen, die für ihn am vorteilhaftesten sind. Dadurch wird verhindert, dass ein Jahr mit pandemiebedingten Produktionseinbußen die Bruttowertschöpfungsrechnung verschlechtert und zum Verlust der BesAR führt.
°°° Effizienzmaßnahmen verringern zwar den Stromverbrauch, wirken sich dadurch aber nachteilig auf die Stromkostenintensität (SKI) aus, die für den Erhalt der BesAR erreicht werden muss. Dieser Effekt wird künftig abgemildert, indem die für den Erhalt der BesAR geforderte SKI abgesenkt wird: Bei Liste 1-Unternehmen vermindert sich die SKI im Antragsjahr 2022 von 14 auf 13 Prozent. In den nachfolgenden Jahren sinkt sich die SKI um jeweils einen Prozentpunkt und beträgt ab 2024 dauerhaft 11 Prozent.
°°° Die Begrenzung der EEG-Umlage wird, unabhängig von der Listenzuordnung, auf 15 Prozent vereinheitlicht.
Achtung 1: Die korrigierte Bruttowertschöpfungsberechnung sichert den Erhalt der BesAR – ähnlich wie bei den Netzentgeltregelungen – nur für 2021. Im Antragsjahr 2022 muss dann zwangsläufig ein Pandemie-belastetes Jahr mit herangezogen werden.
Achtung 2: Anders als von der Politik behauptet, stellt die Neuregelung der Stromkostenintensität keine zusätzliche Erleichterung zum Ausgleich der neuen CO2-Bepreisung aus dem BEHG dar, sondern sichert lediglich die bisherigen Erleichterungen.
Was können Unternehmen tun?
1. Prüfen Sie umgehend, ob Sie von einer der oben genannten Vergünstigungen profitieren, und um welche Summen es sich handelt.
2. Technische Leitung und Management sollten nach Wegen suchen, wie sie die Produktion für 2020 und 2021 so aufstellen können, dass die geforderten Kriterien zum Erhalt von Netzentgeltreduzierungen möglichst erfüllt werden.
3. Suchen Sie professionellen Rat, welche Möglichkeiten es in Ihrem Unternehmen gibt, um den Schaden möglichst gering zu halten bzw. anderweitige Kostensenkungen zu realisieren.
4. Bilden Sie gegebenenfalls Rückstellungen.
5. Gehen Sie auf Verbände, Netzbetreiber, Politiker zu und schildern Sie Ihre Probleme: Mit der Ausdehnung der Verordnung zu den Netzentgelten auf die atypische Netznutzung sowie das Jahr 2021 könnte schnell und pragmatisch Abhilfe geschaffen werden.
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