Call Center: Optimaler Kundenservice aus dem Homeoffice

„Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.“ Was Johann Wolfgang von Goethe in seiner Poesie vom Erlkönig so eindrucksvoll wie tragisch beschrieb, dem eifert die Bundesregierung jetzt nach und verpflichtete Arbeitgeber per Gesetz dazu, Homeoffice für Büroarbeit und vergleichbare Tätigkeiten anzubieten. Im Zuge eines verschärften Lockdowns sollen u.a. damit Corona-Infektionen an der Wurzel bekämpft werden. Nicht jeder ist davon begeistert. Während Fürsprecher eine Homeoffice-Pflicht für überfällig halten, sprechen Gegner von einem massiven Eingriff in die Selbstbestimmungsrechte von Arbeitgebern und -nehmern.

Bei unseren Nachbarn in der Schweiz und Belgien gilt eine Pflicht zum Homeoffice. Wer sich sträubt, dem drohen empfindliche Geldbußen in fünfstelliger Eurohöhe. Völlig richtig, meint die Wirtschaftsinformatikerin und Grünen-Politikerin Laura Sophie Dornheim. Für sie ist es untragbar, dass in Deutschland Büros nicht geschlossen sind, während das öffentliche Leben still steht. „Ich arbeite seit März komplett im Homeoffice, war seit Monaten nicht mit Freunden essen und bespaße nebenbei mein Kind. Da komme ich mir verschaukelt vor“, sagt Dornheim. Die von der Bundesregierung proklamierte Eigenverantwortung an Unternehmen, mehr auf Homeoffice zu setzen, habe nicht funktioniert, sagt die Politikerin.

Gefragt ist flexibles Arbeiten

In der Tat arbeiteten im November 2020 nur 14 Prozent der Beschäftigten laut einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung ausschließlich oder überwiegend im Homeoffice. Zum Vergleich. Im April waren es noch 27 Prozent. Dabei wäre es nach Schätzungen des Münchener Ifo-Instituts für 56 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland möglich, im Homeoffice zu arbeiten. Soweit die Theorie.

In der Praxis ist Homeoffice vielen Arbeitgebern ein Dorn im Auge. Zu diesem Ergebnis kommt u.a. eine Repräsentativ-Umfrage von ZEIT online, derzufolge ein Großteil der Befragten gegen ihren Willen ins Büro fahren muss – überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Arbeitgeber begründen ihre ablehnende Haltung gegenüber Homeoffice meist überhaupt nicht. Laut Umfrage würden teils zweifelhafte Methoden eingesetzt, um das Homeoffice trotz Pandemie madig zu machen. So würden Arbeitsmittel verweigert, Mitarbeiter müssten sich abfällige Kommentare gefallen lassen oder mit negativen Konsequenzen hinsichtlich des Arbeitsplatzes rechnen. Einige der Befragten sind von ihren Arbeitgebern und deren Ignoranz enttäuscht, sie kündigten.

Mehr Homeoffice – weniger Infektionen

Unbestritten ist: Wer den Kundenservice von zuhause aus bewerkstelligt, begegnet weniger Menschen, was zu weniger Infektionen führt. Nach einer Erhebung des Robert-Koch-Instituts gehen zwar lediglich rund fünf Prozent der Infektionsherde auf das Konto des Arbeitsplatzes. Aber Wissenschaftler wie Prof. Harald Fadinger von der Universität Münster sind der festen Überzeugung, dass ein Prozentpunkt mehr Homeoffice-Beschäftigte die Infektionsrate um bis zu acht Prozent senken könnte. Die Infektionsrate ließe sich nach Fadingers Meinung halbieren, würde es soviel Homeoffice-Plätze wie im Frühjahr letzten Jahres geben.
Untermauert wird diese These durch zahlreiche Studie, die belegen, dass sogenannte Aerosole wichtige Virenüberträger sind. Die Erreger verbreiten sich nach Erkenntnis von Martin Kriegel, Leiter des Hermann-Rietschel-Institut an der TU München, in einem Großraumbüro in zwei bis drei Minuten. Mit der Folge, dass sie von anwesenden Personen eingeatmet werden und zu Infektionen führen können. Nach Informationen des RKI stellen schlecht belüftete Räume ein hohes Infektionsrisiko dar. Daher seien für Call Center in Großraumbüros spezielle Hygienemaßnahmen zum Corona-Arbeitsschutzstandard erforderlich.

Ist das Großraumbüro noch zeitgemäß?

Der Ruf nach alternativen Arbeitsplätzen für den Kundenservice ist mancherorts laut, denn Großraumbüros sind nicht so fortschrittlich wie vermutet. So leiden laut einer Studie der Harvard University die Produktivität und Kreativität der Mitarbeiter. Der Grund: Die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht wird mangels Privatsphäre fast vollständig durch elektronischen Austausch (Mail, Chat) kompensiert. Im Homeoffice besteht zwar auch kein persönlicher Kontakt, allerdings kann Videokommunikation aufgrund ihres audiovisuellen Charakters den Erfolg des produktiven Arbeitens im Homeoffice und damit den Kundenservice positiv beeinflussen. Vom Homeoffice aus können Agenten via Videokommunikation einen persönlichen virtuellen Kundenservice bieten, somit eine emotionale Kundennähe aufbauen und einen echten Mehrwert herbeiführen. Diese Art der Kommunikation von Angesicht zu Angesicht motiviert und schafft Vertrauen. So sieht der Agent den Kunden, sein Gesicht, die Mimik und Körpersprache. Damit kann er beim Kunden Sympathie wecken. Dank videogestütztem Kundenservice und persönlicher visueller Beratung entsteht echte Kundenzufriedenheit und Kundenbindung.
Zudem bestätigt eine Umfrage des Deutschen Dialogmarketing Verband (DDV), dass Homeoffice statt Großraumbüros bei Call-Center-Agenten sehr gut funktioniert. Demnach sei die Krankenquote gesunken bei gleichzeitiger steigender Produktivität, Erreichbarkeit und Zufriedenheit der Agenten. Auch nach Meinung von Laura Sophie Dornheim haben „viele Unternehmen erkannt, dass ein verantwortungsvoller Kurs nicht nur wegen des Infektionsschutzes wichtig ist, sondern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch zufriedener, gesünder und loyaler macht“, sagt die Grünen-Politikerin im Interview mit der Wirtschaftswoche.

Call-Center-Agenten können Kundenanliegen auch vom heimischen Wohnzimmer aus betreuen. Zu empfehlen sind Lösungen, deren intelligente Funktionen den Agenten im Homeoffice motivieren und damit für kompetentes und engagiertes Auftreten beim Kundengespräch sorgen. Sehr wichtig ist, dass der Kundenservice-Mitarbeiter diese Softwarelösungen im Homeoffice genauso bedienen kann wie in seiner gewohnten Büroumgebung. Erforderlich sind offene Schnittstellen für die nahtlose Integration in bestehende Anwendungen (CRM-, ERP- und Groupware-Tools), hohe Skalierbarkeit und die Möglichkeit, alle Kommunikationskanäle ohne Medienbruch zu bedienen.

Mit Videokommunikation näher am Kunden

Nach einer Studie des amerikanischen Kommunikationsanbieters Vonage nutzen Konsumenten im Zuge der Corona-Pandemie verstärkt neue Kommunikationskanäle. Demnach sei die Zahl der Menschen, die mit Unternehmen lieber per Video kommunizieren, weltweit um 140 Prozent gestiegen. Mehr als jeder zweite Verbraucher hatte bereits per Video Kontakt zu Unternehmen und Dienstleistern. Laut einer Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) haben 45 Prozent der Unternehmen, die Homeoffice praktizieren, in Software wie Videokommunikationssysteme investiert, 58 Prozent in neue Hardware. Während Adidas-Mitarbeiter sich Notebooks ausleihen können, zahlen Unternehmen wie Beiersdorf oder die Allianz Zuschüsse für die Anschaffung eines mobilen Arbeitsplatzes. Zu berücksichtigen ist, dass derlei Zuschüsse im Gegensatz zu Sachleistungen wie Notebooks als steuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt werden. Manche Unternehmen bieten zusätzliche Schulungen, Fitnesskurse und Online-Veranstaltungen an, laut IAB-Studie waren dies 21 Prozent.
Grundsätzlich gilt: Damit Unternehmen künftig flexibler auf unvorhersehbare und einschneidende Situationen wie die Corona-Pandemie reagieren und damit den Kundenservice auf einem Topniveau halten können, müssen die Arbeitsprozesse jetzt digitalisiert und Infrastrukturen sowie Hardware angepasst werden.

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