Bundesgerichtshof rettet den Hanftee

Cannabis Verband Bayern (CVB) begrüßt neue Rechtsauslegung des deutschen Betäubungsmittelgesetzes (BtMG)

LEIPZIG/MÜNCHEN – Hanftee gerettet: Der Cannabis Verband Bayern (CVB) hat das Urteil des 6. Strafsenats am Bundesgerichtshof (BGH) im sogenannten Hanfbar-Braunschweig-Prozess (AZ 6 StR 240/20) als richtungsweisend für die aufstrebende Hanfbranche bezeichnet. Nach Ansicht des BGH darf Hanftee grundsätzlich auch an Endverbraucher zu Konsumzwecken verkauft werden, wenn eine Berauschung ausgeschlossen ist. „Das ist ein Meilenstein für die Branche, jetzt ist hoffentlich die Hexenjagd der Ermittlungsbehörden gegen kleine Ladenbesitzer vorbei“, freut sich Wenzel Cerveny, Vorsitzender des Cannabis Verbandes Bayern und Betreiber der Ladenkette „Hanf – der etwas andere Bioladen“. Der CVB war mit einer Kundgebung am Mittwoch vor dem BGH in Leipzig publikumswirksam vertreten.

Mit dem BGH-Urteil geht für Wenzel Cerveny eine wichtige Forderung in Erfüllung, die er über Volksbegehren und Petitionen postulierte. „Der BGH hat in Sachen Hanftee Klarheit geschaffen.“ Die junge Branche war seit 2019 heftigen Repressionen durch die Ermittlungsbehörden, insbesondere in in Bayern, ausgesetzt. Die Polizei habe bei Razzien in kleinen Einzelhändlern Hanftee und andere Produkte konfiziert, die um die Ecke bei Drogerie-Discountern verkauft wurden. „Die Ungleichbehandlung ist hoffentlich vorbei. Ein wichtiges politisches Ziel unseres Verbandes ist erreicht worden“, so Wenzel Cerveny.
Richtungsweisend ist für Wenzel Cerveny die Klarstellung der bisher heiß diskutierten Passage zur Anlage I zu §1 Abs.1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Dort heißt es in Abschnitt b) in den Ausnahmen zu nichtverkehrsfähigen Betäubungsmitteln, also den erlaubten Fällen: Cannabis-Pflanzen oder Pflanzenteile, „wenn sie aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut … stammen, [… ] oder ihr Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,2 Prozent nicht übersteigt und der Verkehr mit ihnen (ausgenommen der Anbau) ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen“.
„Die Klarstellung war wichtig“, sagt Wenzel Cerveny: „Problematisch war bisher immer der Verkauf von Nutzhanf an Endkunden. Aus der Passage des ausschließlich gewerblichen Zweckes haben die Ermittlungsbehörden bisher eine Betäubungsmitteleigenschaft von Hanftee oder CBD-Blüten konstruiert.“
Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat im Revisionsverfahren gegen das Hanfbar-Braunschweig-Urteil klargestellt: Entgegen der Auffassung des Landgerichts verbiete die Ausnahmevorschrift nicht grundsätzlich den Verkauf an Endabnehmer zu Konsumzwecken. „Es reicht, wenn einer der Beteiligten gewerblich handelt“, sagte der Vorsitzende Richter Prof. Dr. Günther Sander in der Urteilsverkündung. Jedoch müsse ein Missbrauch ausgeschlossen sein. Das Landgericht Braunschweig hat laut Urteil nicht geprüft, „ob der Vorsatz der Angeklagten auch die Möglichkeit eines Missbrauchs der vertriebenen Pflanzenteile zu Rauschzwecken umfasste.“ Mit anderen Worten: Das Landgericht habe die Prüfung versäumt, ob sich aus dem Hanftee etwa Brownies mit Rauschwirkung backen lassen.
Der Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft, Dr. Sophie Korth, entfuhr während der Urteilsverkündung ein hörbarer Stoßseufzer. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat laut BGH-Urteil zur Aufhebung der Strafaussprüche geführt. Der BGH-Senat sah einen Rechtsfehler in der Annahme des Landgerichts, die Angeklagten seien einem schuldmindernden (vermeidbaren) Verbotsirrtum erlegen. Das Gericht sah einen Unterschied gegeben, ob Hanftee in einem Ladenlokal verkauft oder etwa Marihuana in einer dunklen Bahnhofsgegend angeboten werde.
Das Landgericht Braunschweig hatte zwei Händler der Hanfbar Braunschweig wegen des Verkaufs von Hanftee zu Bewährungsfreiheitsstrafen in Höhe von neun und sieben verurteilt (Urteil v. 29.01.2020, Aktenzeichen 4 KLs 5/19). Trotz eines niedrigen THC-Gehalts zwischen 0,08 und 0,33 Prozent) hatte das Landgericht Braunschweig ein unerlaubtes Handeln mit Betäubungsmitteln erkannt.

Über den CVB
Der Cannabis Verband Bayern (CVB) wurde im Frühjahr 2014 von Vaclav Wenzel Cerveny (59) als Dachorganisation von bayernweit 14 Cannabis Social Clubs (CSC) gegründet. Der Verband hat das bayernweite Volksbegehren „Ja zu Cannabis“ initiiert und rund 27.000 gültige Unterschriften gesammelt. Das Bayerische Verfassungsgericht hat ein Volksbegehren wegen Nichtzuständigkeit (Bundesrecht) abgelehnt. Aus diesem Grund läuft seit Februar 2017 eine bundesweite Petition ( www.ja-zu-cannabis.de), bei der über 60.000 Personen unterschrieben haben. Im Juli 2015 sowie im Juli 2017 hat der Verband die erste deutsche „CannabisXXL“-Messe in München durchgeführt. Wenzel Cerveny betreibt in Bayern
zehn Geschäfte von „Hanf – der etwas andere Bioladen“ in München (3x), in Augsburg (3x), Ingolstadt, Landshut, Rosenheim und Baldham sowie einen Online-Hanfladen ( https://hanf-bioladen.de/).

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