Fraunhofer IGD – Unterwassertestfeld nimmt Betrieb auf

Der Ocean Technology Campus Rostock nimmt eine weitere wichtige Hürde: Das Fraunhofer IGD startet den Betrieb des Digital Ocean Labs, einem Unterwassertestfeld für die Meerestechnik in der Ostsee.

Eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA) und dem Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD macht es offiziell: Das Digital Ocean Lab geht an den Start. Das Fischereischutzgebiet rund um das künstliche Riff vor der Küste Nienhagens einschließlich der dazugehörigen Forschungsplattform darf nun offiziell vom Fraunhofer IGD für Unterwasser-Testreihen genutzt werden. Es handelt sich um die erste Ausbaustufe des Unterwassertestfeldes, auf deren Basis künftig weitere Flächen ergänzt werden sollen. Das Rostocker Forschungsinstitut ist maßgeblich am Aufbau des Ocean Technology Campus (OTC) beteiligt und konnte sich zuletzt zusammen mit der Universität Rostock und weiteren Partnern über die Auszeichnung als Zukunftscluster und einer damit verbundenen Förderung durch das Bundesbildungsministerium in Millionenhöhe freuen. Durch die nun vertraglich geregelte Zusammenarbeit mit der Landesforschungsanstalt können schrittweise erste Experimente im Testfeld starten – für die Fraunhofer-eigene Forschung oder durch externe Partner.

Das künstliche Riff vor Nienhagen besteht bereits seit 18 Jahren, um verschiedene Fragestellungen der Fischerei- und Meeresforschung in-situ – also in einer realen Umgebung und nicht nur im Labor – untersuchen zu können. „Die ohnehin vorhandenen Strukturen nun auch über die Fischerei- und Meeresbiologie hinaus für technische Erprobungen zu nutzen, lag auf der Hand. Synergien werden erschlossen und gemeinsam ganz neue Lösungsansätze für drängende Herausforderungen der Gesellschaft gefunden“, erläutert Gerd-Michael Arndt, Leiter des Institutes für Fischerei der LFA. LFA und Fraunhofer IGD werden künftig gemeinsam verschiedene Projekte der Meeresforschung bearbeiten, in einem ersten im Rahmen des Zukunftsclusters werden Marikulturen erforscht. Zunächst geht es aber darum, die technische Ausstattung der angeschlossenen Plattform voranzubringen. Für Anwohner und Besucher Nienhagens wird sich am bisherigen Anblick nichts ändern, versichern die neuen Kooperationspartner: Geplant ist der Ausbau der Breitbandverbindung sowie der Stromversorgung – also kleinformatige technische, aber umso entscheidendere Details, wenn es darum geht, Technologieanbieter und Forschungseinrichtungen von dem Unterwasserlabor als Ort für ihre Testreihen zu überzeugen.

Allzu schwer sollte die Überzeugungsarbeit jedoch nicht ausfallen, ist sich der Leiter des Digital Ocean Labs, Dr. Peter Menzel, sicher: „Was wir mit dem Digital Ocean Lab an Möglichkeiten bieten, ist ziemlich einmalig. Wer seine Forschung validieren oder seine Technik – Unterwasserfahrzeuge, Messsysteme, Kameras – oder neue Materialien und Korrosions- oder Bewuchsschutzsysteme unter echten Bedingungen testen will, findet hier nicht nur einen geeigneten Ort dafür, sondern wird von uns wissenschaftlich begleitet und auch beraten hinsichtlich der geeignetsten Belastungstests, Sensorik oder Datenauswertung. Auch die Umweltverträglichkeit spielt eine große Rolle. Wir entwickeln je nach Bedarf individuelle Testszenarien und bringen damit die technologische Meeresforschung ein gutes Stück voran.“ Zwar gebe es bereits Unterwassertestfelder in Norwegen und Kanada, allerdings mit den Bereichen Aquakultur sowie militärische Entwicklung und vollkommen anderen Schwerpunkten. „Worum es uns mit dem Digital Ocean Lab und generell am Ocean Technology Campus geht, ist die Entwicklung neuester meerestechnischer Lösungen, um die Nutzung der Meere in Zukunft so effizient und gleichzeitig ökologisch verträglich wie irgend möglich zu gestalten,“ betont Prof. Uwe Freiherr von Lukas, Standortleiter des Fraunhofer IGD in Rostock und einer der Ideengeber des OTC.

Doch bevor es so richtig losgehen kann am Unterwassertestfeld, steht ein Punkt ganz oben auf der Tagesordnung: die Sicherheit. Alle Fraunhofer-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, die an der Plattform und auf dem Wasser arbeiten, erhalten ein ausführliches Sicherheitstraining. Gleiches gilt für alle externen Nutzer. Auch die Plattform selbst wird auf ihre sicherheitstechnischen Details genauestens geprüft und entsprechend nachgerüstet. Sobald es auch in punkto Arbeitssicherheit grünes Licht gibt, ist die Fraunhofer-eigene Forschungsgruppe „Smart Ocean Technologies“ eine der ersten Nutzerinnen im Testfeld. Aktuell arbeitet das bisher 10-köpfige Team an einem Projekt, das die automatische Bestimmung der Mikroplastik-Konzentration in den Weltmeeren zum Ziel hat. Dafür werden Proben in der Ostsee platziert und später Hard- und Software für deren Erkennung und Analyse entwickelt und getestet. In Zukunft arbeiten am Rostocker Fischereihafen bis zu 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interdisziplinär an zukunftsweisender Meerestechnik. Zum Aufbau der personellen Strukturen für die Forschungsarbeiten im Digital Ocean Lab hat der Bund bereits 2018 acht Millionen Euro an Projektmitteln bewilligt, das Land Mecklenburg-Vorpommern weitere fünf Millionen Euro. Während der voraussichtlich zwei Jahre dauernden Kooperationsphase bleibt die LFA Betreiberin des Bereichs rund um das künstliche Riff, das Land Mecklenburg-Vorpommern Eigentümer. Im Anschluss ist eine Übergabe der Strukturen und Nutzungsrechte an das Fraunhofer IGD geplant.

Weiterführende Informationen: https://www.igd.fraunhofer.de/projekte/ocean-technology-campus-rostock

Mehr zum Digital Ocean Lab auf der:

– Nationalen Maritimen Konferenz
10./11. Mai 2021

– Forum Meerestechnik „Nachhaltige Nutzung der Meere“
11. Mai, 10:20 Uhr

Veranstaltungsseite des BMWI: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/nationale-maritime-konferenz-2021.html

Das 1987 gegründete Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD ist die international führende Einrichtung für angewandte Forschung im Visual Computing, der bild- und modellbasierten Informatik. Wir verwandeln Informationen in Bilder und Bilder in Informationen. Stichworte sind Mensch-Maschine-Interaktion, Virtual und Augmented Reality, künstliche Intelligenz, interaktive Simulation, Modellbildung sowie 3D-Druck und 3D-Scanning. Rund 180 Forscherinnen und Forscher entwickeln an den drei Standorten Darmstadt, Rostock und Kiel neue technologische Anwendungslösungen und Prototypen für die Industrie 4.0, das digitale Gesundheitswesen und die „Smart City“. Durch die Zusammenarbeit mit den Schwester-Instituten in Graz und Singapur entfalten diese auch internationale Relevanz. Mit einem jährlichen Forschungsvolumen von 21 Mio. Euro unterstützen wir durch angewandte Forschung die strategische Entwicklung von Industrie und Wirtschaft.

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