Die PKG fordert: Mehr Wettbewerb an der Sektorengrenze!

Überholte Gesetzesrahmen und Abrechnungssysteme verhindern einen fairen Wettbewerb im Gesundheitssystem. Von diesem würden am Ende vor allem die Patienten profitieren. Darum brauchen wir eine Neuordnung der intersektoralen Kooperation zwischen Praxiskliniken und Krankenhäusern. Bietet das MDK-Reformgesetz 2022 endlich die Chance dazu?

Ist 2022 das Jahr, in dem sich das deutsche Gesundheitswesen Dank der Förderung des ambulanten Operierens endlich auf den Weg in eine patientenfreundliche Zukunft macht?

Mit dem MDK-Reformgesetz, in der die Weiterentwicklung des ambulanten Operierens nach § 115b SGB V ausdrücklich gewollt ist, hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen dafür geschaffen. Nach Anhörung der verschiedenen Fachgesellschaften soll die Reform durch die KBV, DKG und die Kassen noch in diesem Jahr verhandelt und umgesetzt werden.

Es bleibt zu hoffen, dass dabei kein schwerfälliges, starres und bürokratisches Reformpaket entsteht, dass es Leistungserbringern schwer macht, eine breite ambulante operative Versorgung der Bevölkerung aufzubauen. Dies kann nur gelingen, wenn die Finanzierung ambulanter Operationen auf der Grundlage fester betriebswirtschaftlicher Parameter erfolgt. Insbesondere bei der Erbringung hochwertiger operativer Leistungen muss sichergestellt werden, dass steigende Energiekosten und Preissteigerungen bei Sachkosten außerhalb eines schwerfälligen bürokratischen Systems zeitnah angeglichen werden.

Bringt das MDK-Reformgesetz endlich den Durchbruch für das ambulante Operieren?

Seit Jahren soll das ambulante Operieren in Deutschland gefördert werden. Die Fortschritte, die die Medizin in diesem Bereich erzielt hat, sind enorm. Durch verbesserte OP-Techniken sind immer mehr Eingriffe längst ambulant durchführbar. Patienten werden durch das ambulante Operieren statt im Krankenhaus im familiären Umfeld gesund und erholen sich dort in der Regel sogar schneller. Die Patienten profitieren von verlässlichen Operationsterminen, da in ambulant tätigen Praxiskliniken keine Notfälle dazwischenkommen können. Und es besteht ein belastbares Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Operateur, da der Facharzt, der die Diagnose gestellt hat, auch die Operation durchführt. Aus all diesen Gründen setzt sich die Deutsche Praxisklinikgesellschaft seit Jahren dafür ein, dass den Absichtserklärungen der Politik, das ambulante Operieren umfassend zu fördern, endlich Taten folgen.

Wettbewerb zum Wohle des Patienten wird verhindert

Diese Förderung ist eigentlich in §115 des SGB V festgeschrieben. Jedoch in einer Art und Weise, die Stillstand statt des dringend nötigen Wettbewerbs hervorbringt, wie Dr. Rüdiger Söder, Vizepräsident der Deutschen Praxisklinikgesellschaft (PKG), weiß. Söder ist zudem Geschäftsführer des MICMA-Praxisklinik in Mainz, welches auch ein OP-Zentrum mitbetreibt. Er hält fest: „Die derzeitige Regelung ist lediglich auf das ambulante Operieren in Krankenhäusern ausgerichtet, eine Einbahnstraße.“ Dabei wäre es wichtig, dass Krankenhäusern beim ambulanten Operieren verstärkt Kooperationen mit externen Experten wie den Praxiskliniken eingehen könnten. Denn genau dort sitzen die Expertise und das Knowhow für das ambulante Operieren. „Viele Krankenhäuser sind heutzutage noch immer nicht ausreichend für das ambulante Operieren ausgerüstet“, führt Söder das Problem aus. Dieses erfordere eine eigene Logistik, eine anderes OP-Management und mitunter bauliche Anpassungen. „Sie benötigen zum Beispiel Räume, in denen sich die Patienten umziehen können und entsprechende Aufwachräume.“ Dafür seien die meisten Krankenhäuser mit ihrem klassischen Stationsbetrieb gar nicht ausgerüstet.

Zwar gebe es mittlerweile Krankenhäuser mit speziellen ambulanten OP-Trakten. Allerdings seien diese oft so konzipiert, dass das stationäre Krankenhausgeschäft das ambulante Operieren subventioniere, erklärt Söder. So entstehe ein Teufelskreis, der das Gesundheitssystem insgesamt belaste. Einen Anreiz dieses System zu ändern, haben die Krankenhäuser meist gar nicht. Denn Defizite werden am Ende des Jahres – dank der dualen Finanzierung – schließlich von der Kommune ausgeglichen. Auf diese Weise entstehe eben auch kein Wettbewerb, der die Krankenhäuser zwinge, nachhaltige ambulante Strukturen aufzubauen.

Stillstand oder Aufbruch bei der Krankenhausfinanzierung?

In das Reformvorhaben des MDK-Gesetzes müssen daher unbedingt die stationsersetzenden Eingriffe, die erhebliches Ambulantisierungspotential haben, einbezogen werden. Allerdings ist einmal mehr zu fürchten, dass die diese Eingriffe bei der zurzeit stattfindenden Reform des § 115b wohl außen vorbleiben werden, um den Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung die Abrechnung über DRG zu erhalten und die bei der Krankenhausfinanzierung zu Stillstand statt Aufbruch führe.
„Eine solche Subventionierung der alten Strukturen werden wir uns auf Dauer jedoch nicht leisten können“, weiß Söder.
Einen Ausweg aus dieser Finanzierungssackgasse stelle der § 122 SGB V dar. Er würde es ermöglichen, dass Häuser der Grund- und Regelversorgung in privater oder kommunaler Hand den Weg der Praxisklinik einschlagen, die seit Jahrzehnten eine patientenfreundliche und ökonomisch ressourcensparende operative Versorgung etabliert haben. Die Vergütung im Rahmen des § 122 SGB V könnte durch sogenannte Hybrid DRGs erfolgen und so die Finanzierbarkeit hochwertiger ambulanter und kurzstationärer Leistungen sicherstellen.
Bereits im Januar 2016 hat die Techniker Krankenkasse mit ihrem Positionspapier „Krankenhausversorgung 2020“ die Idee der Hybrid DRGs aufgegriffen und ein Modellprojekt in Thüringen gestartet. Diese könnte als Vorlage dienen und nach entsprechenden Korrekturen Eingang in die Vergütung operativer Leistungen der Praxiskliniken finden.
Dass das ambulante Operieren sowohl von der medizinischen Qualität als auch finanziell nachhaltig organisiert werden kann, beweisen die noch immer viel zu wenigen Praxiskliniken in Deutschland nämlich seit mehr als drei Jahrzehnten. Sie sind komplett privatwirtschaftlich organisiert und kombinieren dank ihrer schlanken Strukturen höchste medizinische Standards mit einem menschlichen Fokus auf den Patienten.

Praxiskliniken: höchste medizinische Standards + der Mensch im Fokus
Doch statt den Knowhow-Vorsprung und die Expertise zu nutzen, um den dringend notwendigen Modernisierungsschub für das Gesundheitssystem auf den Weg zu bringen, halten die Verantwortlichen immer noch an den althergebrachten Versorgungsstrukturen fest. Dabei läge die Lösung auf der Hand: Ein starker Verbund von Krankenhaus und mehreren Praxiskliniken sei sowohl für die Patienten, die Ärzte als auch die Notfallmedizin die beste Lösung.
„Sie können mit einem schweren Tanker nun mal keine engen Kurven fahren“, so Söder in Anspielung auf die mitunter überdimensionierten und schwerfälligen Verwaltungsstrukturen der Krankenhäuser. „Sie brauchen für wendige Manöver effiziente Schnellboote.“ Wie eben die Praxiskliniken. Der fatale Fokus auf das Krankenhaus als alles beherrschendes Versorgungszentrum habe auch in der Corona-Pandemie seine besondere Anfälligkeit gezeigt. „Eine Umstrukturierung und Dezentralisierung des OP-Sektors, wie sie die Deutsche Praxisklinikgesellschaft anstrebt, wäre in Zukunft nicht nur in Pandemiezeiten sehr viel resilienter und leistungsfähiger“, sagt Söder. Mit einer stärkeren Verzahnung von ambulantem und stationärem Sektor und besseren Kooperationsmöglichkeiten für Krankenhäuser und Praxiskliniken, die in beide Richtungen offen sind, würde man die derzeitigen Probleme in der medizinischen Versorgung und vor allem auch in der Pflege deutlich lindern. „Wir brauchen einen flexiblen Zugang für niedergelassene Ärzte zu Praxiskliniken ohne Zulassungsbeschränkungen, eine gleiche Vergütung für gleiche OP-Leistung und eine unbürokratische Wahlfreiheit für Patienten, wo sie operiert werden wollen.“ Nur so würden sich die Krankenhäuser dem konstruktiven Wettbewerb mit den Praxiskliniken endlich offen stellen müssen, statt die Modernisierung des Gesundheitssystems weiter zu vertagen.

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