Zuviel ist zuviel! – Narzisst:innen in Beziehungen

Der richtige Umgang mit Narzisst:innen in einer Partnerschaft

WAS VERSTEHT MAN UNTER NARZISSMUS?
Eine leichte narzisstische Neigung tragen wir alle in uns: Selbstvertrauen und gewisse Selbstbezogenheit zeichnet uns alle aus. Narzissmus beschreibt Menschen, die eine sehr starke Selbstbezogenheit, Leistungs- und Ergebnisorientierung und ein extremes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Bewunderung inne haben. Kurz gesagt: sie wollen angenommen, geliebt und geachtet werden, weil sie mit sich selbst nicht zufrieden geben können. Das bezieht sich meistens auf alle Lebensbereiche und überlagert das Verhalten im Job, innerhalb der Familie und allgemein im gesellschaftlichen Leben. Viele Narzissten werden von einem selbst idealisierten Bild und Arroganz begleitet, sind in ihrer eigenen Wahrnehmung unfehlbar: das sind die „Grandiosen“.
Andere Narzissten sind angepasst mit extremer Kränkbarkeit, introvertiert, selbstunsicher, abwartend und zurückhaltend, gar leicht depressiv:
die sind die „Vulnerablen“. Was sie verbindet ist die Tatsache, dass sie beide nicht als Narzisst auf die Welt kamen sowie ihre Anspruchshaltung, Großartigkeit und der Mangel an Empathie.

WIE WIRD MAN NARZISST?
Man geht davon aus, dass Narzissmus bis zu 50% erblich bedingt ist. Gerade durch die hohe Vererbbarkeit sind Kinder gefährdet, selbst narzisstisch zu werden. Die vererbte Neigung kann durch entwicklungsfördernde Umwelt der Eltern und Pädagogen gegen balanciert werden, sodass kein Narzissmus oder Narzisstische Persönlichkeitsstörung entstehen. Wenn Mutter und Vater selbst Narzissten sind, werden Kinder im höchsten Maß gefährdet.
Die meisten Narzissten haben eine vulnerable Seite. Bei einem geringen Selbstwert leidet der Narzisst oft an Schamgefühle, Hilflosigkeit und Angst. Wenn wir verstehen, dass unser Selbstwert und Selbstbild durch die Resonanz unseres Umfeldes entstehen, wird uns klar, dass Narzissten durch ihre Umfeld geformt wurden.

In vielen Fällen hängt es mit den Erfahrungen in der Kindheit und den Beziehungen zu den Eltern zusammen. Narzisstische Persönlichkeitsstörungen sind häufig die Folge von verbaler und emotionaler Misshandlung, stetiger Entwertung, Distanzierung und Erdrückung oder Vernachlässigung in der Kindheit. Verwunderlich vielleicht, aber wahr: auch Verwöhnung und Anhimmelung von Kindern kann Narzissten gebären.
Prototypisch ist es, wenn Eltern eigene Träume durch das Kind realisieren lassen wollen.
In beiden der Fälle entsteht eine nicht sättigbare Gier nach Bestätigung: es ist nie genug, was das Umfeld geben kann,
da die Geltung des eigenen Ichs und Wertschätzung des eigenen Selbst nie erlernt werden konnten. Das perfekte Gefängnis ist geboren.

WIE ERKENNT MAN NARZISSTEN?
Narzissten neigen zu Dominanz, Überempfindlichkeit gegenüber Kritik, Selbstüberschätzung und Manipulation. Das kennt auch Gabriella Rist aus der eigenen Kindheit sehr gut. Narzisstische Menschen wollen Kontrolle und Macht über andere ausüben. Sie möchten immer im Mittelpunkt stehen und wählen sich gezielt Partner:innen aus, die die Bestätigung und emotionale Zuwendung geben könnten, die sie missen. Dies misslingt meistens.
Viele Kinder von Narzissten suchen sich einen Weg zur Höchstleistungen als Versuch, ihren instabilen Selbstwertgefühl handzuhaben. Sie erschöpfen sich im Studium und später im Job und entwickeln nicht selten chronische Erschöpfung und Burnout, Sucht wie Workaholism, Essstörungen oder Sportsucht. Ihre hohe Ansprüche an sich selbst (Perfektionismus) geht mit der Idealisierung der eigenen Person und Gedanken einher und verschafft einen Teufelskreis. Zur Diagnose wird Narzissmus, wenn der Narzisst unter sich selbst leidet und zunehmend normverletzend und sozial unflexibel wird.
So kann ein Narzisst z.B. als Vorgesetzte zum Täter werden und durch Missachtung von Mitarbeitern Mobbing begehen oder durch seine Unbelehrbarkeit Anweisungen oder das Gesetz verletzt.

WIE GEHT MAN MIT NARZISST:INNEN UM?
Narzissten haben das Bedürfnis nach echte Bindung und ein echtes Ich-Gefühl, Wertschätzung und ein wahres Selbst.
Wer diese Bedürfnisse leisten kann, kommt mit einem Narzissten sowohl im Job als auch im persönlichen Umfeld, vorerst, gut klar.
Da Narzissten charismatisch, humorvoll und charmant sein können, wenn sie ein Ziel erreichen wollen, darf man sich von diesem Verhalten nicht blenden lassen. Egal, wie schmeichelhaft die Worte sein mögen, sobald er unzufrieden ist, entsteht eine Unversöhnlichkeit und oft Aggression. Diese narzisstische Wut ist eigentlich sein Schrei nach Nähe!

Hilfreich ist diese Dynamik zu verstehen, denn der betroffene Narzisst kann sich psychologische Hilfe und somit Verständnis suchen, und auch Eltern, die Partner:innen und Kolleg:innen können so handeln, dass es für jeden förderlich ist: Mitgefühl zeigen, nur echte Wertschätzung entgegenbringen, kein offenes Widersprechen und seinen Ansehen wahren.

NARZISST:INNEN IN DER FAMILIE – 5 BEISPIELE
Typische Muster in narzisstischen Familien lassen sich beobachten. Vielleicht erkennen Sie welche wieder?
1. Wenn Väter oder Mütter ihre „Liebe“ nur gegen eine Leistung, welche in von ihnen vorgegebenen Rahmen und Maße erbracht werden solle, geben. Sie benutzen das Kind als Bestätigung oder Spiegelung ihres eigenen Selbst, welches ebenso durch narzisstische Gier erkrankt ist und nach Nähe schreit.
2. Wenn narzisstische Eltern nur gelegentlich ihre Kinder mit Aufmerksamkeit überschütten: sie binden ihre Kinder umso mehr an sich, weil es „Liebe“ immer nur unberechenbar erhält.
3. Narzisstische Eltern sind perfekte Chamäleon nach Außen. Sie sind auch mal stolz auf ihre Kindern, wenn sie dadurch nach Außen aufgewertet werden. Das ist ein Schauspiel par excellence.
4. Wenn das Kind im Grunde immer auf das Misstrauen der Eltern trifft. Distanz und Abwertung beherrschen die Erziehung.
5. Wenn Eltern das Leben in eigener Selbstbezogenheit führen, schaffen sie es nicht, die Bedürfnisse des Kindes zu sehen. Das Kind beschäftigt sich dann stets damit, es zu erspüren, wie die Eltern „drauf sind“, um sich nach ihnen auszurichten. So verhofft es gelegentliche Aufmerksamkeit und Liebe.

DIE PARTNERSCHAFT IN DER ZUKUNFT
Wenn man sich in einer narzisstischen Partnerschaft wiederfindet, ist das kein Zufall.
Unsere Partnerwahl ist häufig geprägt von unseren Kindheitserfahrungen und wir suchen uns unbewusst Partnerschaften aus, wo uns die Beziehungsdynamiken vertraut sind.

Wenn wir immer wieder an ähnlichen „Typen“ von Menschen und Beziehungen geraten, ist es hilfreich darüber nachzudenken, was unser Verhalten – meist unbewusst – dazu beigetragen hat?
Eine narzisstische Partnerschaft kann in Ausnahmefällen funktionieren, z.B. wenn 2 Narzissten, die sich „ausbalancieren“, finden. In den meisten Fällen wird eine guttuende und liebevolle Beziehung nur dann möglich sein, wenn der Narzisst Bereitschaft zeigt, Selbstwertregulation zu erlernen, sich in der Empathiefähigkeit zu üben und biografische Aspekte aufzudecken.
Narzissten und ihre Partner:innen werden erst glücklich, wenn beide Seiten aufeinander zugehen, weil sie ihren Lebensweg trotz Widerstände gemeinsam gehen möchten.

EIN FAZIT
Wenn Sie Eltern von Kindern mit narzisstischer Neigung sind, können Sie die gesunde Entwicklung des eigenen Selbstwertes und Selbstbildes Ihres Kindes fördern. Das Erlernen von Empathie ist einer der wichtigsten Garant für die Liebesfähigkeit und intakter Paarbeziehung Ihrer Kinder. Eine Erziehung durch Wertschätzung (kein Lob) und Mitgefühl, einer bewussten Achtsamkeit und Zulassen, dass sich das Nachkommen eigene Erfahrungen macht und ihre Emotionen ausdrücken darf, sind Eckpfeile einer entwicklungsförderlichen Umwelt.

Die heute 50 jährige Gabriella Rist ist Psychologische Beraterin und Experte für Entwicklungtrauma und emotionalen Missbrauch. Sie führt ein Leben mit komplexer PTBS als Folge von Kindesmisshandlung.

Sie beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Bewältigung von Traumafolgen seit ihrem Jugend. Sie verbrachte über 25 Jahren im Business mit dieser Krankheit. Sie hat an eigener Haut erfahren, wie schwer es ist, Erfolg zu haben und welche heimtückischen Fallen für Menschen mit Trauma im Berufsleben gibt. Dass das Thema bis heute ein Tabu ist, macht alles nicht leichter.
So erschaffte sie den Ersten Online Trauma Kongress für die DACH-Region und die Trauma Akademie mit einem Online Forum.
Sie ist Bestsellautorin, Verlegerin, Gründerin und Trauma-Experte für Entwicklungstrauma und kPTBS.

Sie möchte ihre Erkenntnisse und Wissen teilen.
Für ein besseres Leben.

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