Lob und Kritik am neuen Hinweisgeberschutzgesetz

Aktuell berät sich der Deutsche Bundestag über einen Gesetzesentwurf für das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). Grundlage dafür ist die Whistleblower-Richtlinie der EU, die eigentlich schon im Dezember 2021 in deutsches Recht hätte umgewandelt werden müssen. Das Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet Unternehmen zur Einrichtung einer internen Meldestelle für Whistleblower und soll Hinweisgeber künftig besser vor negativen Konsequenzen ihrer Meldung wie Repressalien, Diskriminierung oder Kündigung schützen. Das Hinweisgeberschutzgesetz soll für Unternehmen ab 50 Mitarbeitern gelten. Die Deutsche Whistleblower-Richtlinie findet Zustimmung, wird aber auch kritisiert.

Unvollständiger Schutz

Annegret Falter, die Vorsitzende des Whistleblower-Netzwerks, kritisierte, dass die Gültigkeit der Whistleblower-Richtlinie den Verstoß gegen Normen und Gesetze umfasse, nicht jedoch unethisches Verhalten, das auf gesetzlicher Grundlage nicht strafbar ist. Somit besteht in manchen Fällen kein ausreichender Schutz für Whistleblower. David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte bemängelte, dass im öffentlichen Dienst Dokumente, die unter Verschluss stehen, nicht zur Untersuchung von Fällen verwendet werden könnten. Auch hier greift das Hinweisgeberschutzgesetz also in bestimmten Fällen nicht. Der Schutz von Whistleblowern greift laut aktuellem Gesetzesentwurf auch nur dann, wenn die Meldung über die internen oder externen Meldestellen erfolgt, nicht jedoch im Falle einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Dieser Umstand wurde von Louisa Schloussen von Tranparency International kritisiert.

Interne Meldestellen ermöglichen eine transparente Unternehmenskultur

Positiv hervorzuheben ist, dass die Einrichtung von internen Meldestellen, wie das HinSchG sie vorgibt, einen Vorteil für Unternehmen darstellt. So haben sie die Möglichkeit, Sachverhalte zunächst intern zu klären, ehe Gesetzesverstöße oder anderweitiges Fehlverhalten an die Öffentlichkeit gelangen und zu einem Skandal werden. Es ist zu hoffen, dass die Möglichkeit zur Abgabe von Hinweisen an eine interne Meldestelle zu einer offenen, transparenten und von konstruktiver Kritik geprägten Unternehmenskultur beiträgt.

Missbrauch der Whistleblower-Richtlinie

Vonseiten der Unternehmen könnte die Befürchtung aufkommen, das Mitarbeiter das Hinweisgebersystem missbrauchen. Diese Bedenken sind nicht unberechtigt.
Zunächst besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter sich mit falschen Anschuldigungen an die Meldestelle richten, um vom durch das kommende Hinweisgeberschutzgesetz vorgegebenen Kündigungsschutz zu profitieren. Auf diese Bedenken wies Hildegard Reppelmund vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hin.
Zwar würden Hinweisgeber sich, wie hier angemerkt werden muss, damit der Verleumdung schuldig machen, doch müsste dies durch eine womöglich aufwendige Untersuchung bewiesen werden.
Außerdem muss man feststellen, dass Mitarbeiter sich nach aktuellem Gesetzesentwurf mit berechtigen oder unberechtigten Hinweisen melden könnten, um ihre Chance auf eine Beförderung zu erhöhen. Wird ihnen als Hinweisgeber nach der Meldung eine Beförderung versagt oder leiden sie unter anderen beruflichen Nachteilen, muss der Arbeitgeber im Sinne der Beweislastumkehr beweisen, dass dies in keinerlei Zusammenhang mit der Meldung durch den Hinweisgeber steht. Hier könnten Konflikte und ein Ungleichgewicht der Kräfte drohen, wenn das Hinweisgebersystem tatsächlich missbräuchlich genutzt wird oder der Arbeitgeber Mitarbeitern eine missbräuchliche Nutzung unterstellt.

Inflationäre Nutzung des Hinweisgebersystems

Zudem ist eine inflationäre Nutzung des Hinweisgebersystems nicht auszuschließen. Mitarbeiter melden größere und kleinere Probleme womöglich direkt an die interne oder eine externe Meldestelle, anstatt sie zunächst, sofern möglich und sinnvoll, direkt anzusprechen und einen Lösungsversuch auf persönlicher Ebene zu starten. Das würde nicht nur einen unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand bedeuten, sondern sogar einer transparenten Unternehmenskultur entgegenwirken.

Keine Verpflichtung zur anonymen Meldung

Seine volle Wirkung kann das Hinweisgeberschutzgesetz dann entfalten, wenn Unternehmen eine anonyme Meldung von Hinweisen anbieten. Hinweisgeber verlieren so womöglich letzte Hemmungen, die sie an einer Meldung hindern. Bei der anonymen Abgabe von Hinweisen können Whistleblower sich noch sicherer sein, dass ihre Identität geschützt wird und ihnen keine negativen Konsequenzen drohen. Dennoch besteht laut aktuellem Gesetzesentwurf keine Pflicht für Unternehmen, eine anonyme Meldung anzubieten. Das kann einerseits negativ betrachtet werden, da für Hinweisgeber bei nicht anonymer Meldung ein Restrisiko besteht, dass ihre Identität ohne ihre Zustimmung öffentlich gemacht wird. Andererseits ist es positiv zu werten, dass Unternehmen hier im Moment nicht weiter bevormundet werden und es an ihnen ist, ein Hinweisgebersystem zu implementieren, mit dem sie sich wohlfühlen.

Der Gang an die Öffentlichkeit als Risiko

Der aktuelle Gesetzesentwurf für das HinSchG sieht vor, dass Hinweisgeber sich auch an die Öffentlichkeit wenden können, wenn eine externe Meldestelle die Meldung nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen bearbeitet hat. Das führt für das betroffene Unternehmen womöglich zu einem Skandal und einer Rufschädigung. Das mag im Falle, dass tatsächlich ein Fehlverhalten oder Missstände vorliegen, gerechtfertigt sein. Jedoch bedeutet der Gang an die Öffentlichkeit für zu Unrecht beschuldigte Personen eine nicht zu rechtfertigende Rufschädigung und weitere damit verbundene Konsequenzen, die nicht rückgängig gemacht werden können. Dr. Gregor Thüsing, Rechtswissenschaftler aus Bonn, hat vor solchen Nachteilen für zu Unrecht Beschuldigte eine Warnung ausgesprochen.

Fazit

Whistleblowing ist wichtig für eine transparente Unternehmenskultur und für die Aufklärung von Fehlverhalten und Missständen in Unternehmen, Institutionen und Organisationen, die einzelne Personen, die Allgemeinheit oder die Umwelt gefährden. Bislang sind die Rechte und Pflichten von Whistleblowern rechtlich kaum geklärt. Das Hinweisgeberschutzgesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Mitarbeitern wird so zu einem großen Teil die Angst genommen, eine Meldung über von ihnen entdeckte oder beobachtete Missstände und Fehlverhalten zu machen. Dennoch gibt es am Gesetzesentwurf für das Hinweisgeberschutzgesetz noch einige wichtige Punkte zu bemängeln. Mit welchen Regelungen genau das HinSchG in Kraft treten wird und welche Änderungen noch erfolgen werden, bleibt abzuwarten.

Ihr Unternehmen hat mehr als 50 Mitarbeiter und Sie sind zum Hinweisgeberschutz verpflichtet. Lassen Sie sich zur Rechtslage nach dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) beraten. Mit der Implementierung eines Hinweisgebersystem geben Sie Hinweisgebenden anonym die Möglichkeit Compliance-Verstöße zu melden und Ihr Unternehmen profitiert durch eine von Offenheit und Ehrlichkeit geprägten Unternehmenskultur.
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