Resilienzstärkung in Unternehmen

Die Qual der Wahl bei der Planung von Resilienz-Maßnahmen

Wenn Organisationen resilienter werden möchten, stehen die Entscheider:innen vor vielen Fragen: Wo und wie anfangen – bei individueller oder organisationaler Resilienz oder beides parallel? Ist es besser, erst einmal alle für das Thema zu sensibilisieren oder gleich mit einem Pilotprojekt durchzustarten? Wo liegen eigentlich genau die Herausforderungen, denen die Organisation künftig resilienter begegnen möchte? Was ist das Ziel? Und welche Maßnahmen führen dorthin? Wer muss intern und extern mit im Boot sein? Wer plant, koordiniert, begleitet die Maßnahmen?

Trotz jahrzehntelanger Resilienzforschung bleibt Resilienzstärkung eine Herausforderung, denn es gibt immer unterschiedliche Lösungsansätze. Unternehmen müssen sich darauf einlassen, mit dieser „Qual der Wahl“ umzugehen.

Resilienzexpertin Prof. Dr. Jutta Heller erläutert die Gründe für die Komplexität und gibt Tipps, wie Unternehmen Resilienzstärkung angehen können:

Herausforderung #1 – Unklare Ursachen

Maßnahmen zur Resilienzstärkung müssen zu den Ursachen der Belastung passen – und diese sind höchst individuell: Leistungsansprüche (von außen oder selbst gesetzt), veränderte Arbeitsabläufe durch virtuelles Arbeiten, Sorgen um nahestehende Menschen und den Frieden, Stress durch Lieferengpässe oder Mehrarbeit durch Strategieänderungen, eine schwierige Teamkonstellation oder Angst um den Arbeitsplatz. Diese Faktoren tangieren uns als Individuen, beeinflussen unsere Begegnungen im privaten und beruflichen Kontext und können unsere Leistungsfähigkeit schwächen. Die Herausforderung: Belastungen sind meist multifaktorielle Situationen, die unterschiedliche Ansätze zur Resilienzstärkung erfordern.

Herausforderung #2 – Ziele & Ressourceneinsatz

Bei der Planung von Resilienzmaßnahmen spielt nicht nur das „Woher“ eine Rolle, sondern auch das „Wohin“. Um Zielkonflikte zu vermeiden, muss klar sein, auf welchem Parameter der Fokus liegen soll. Ein anschauliches Beispiel ist das magische Dreieck im Projektmanagement: Zeit, Kosten und Leistung sind die drei zentralen Dimensionen für den Projekterfolg. Wird an einer Ecke des magischen Dreiecks „gezogen“, wirkt sich das unmittelbar auf die beiden anderen Ecken aus. Ähnlich ist es bei der Resilienzstärkung: Unternehmen müssen entscheiden, welche Ziele sie priorisieren und was sie dafür einsetzen können und wollen.

Im Verständnis von Prof. Heller zielt Resilienzstärkung stets auf die Regulationskompetenz, in Krisen einerseits Stabilität und andererseits Flexibilität aufzubauen.

Das bedeutet für …

-Individuen: Wenn Menschen destabilisiert werden, können sie sich innerlich umfokussieren, um sich wieder zu stabilisieren. Diese Strategie ist die Basis, um im Außen flexibel handlungsfähig und langfristig gesund zu bleiben. Relevant ist die eigene innere Bühne und das Mindset.

-Teams: In Engpass-Situationen können sich Teams umorganisieren und gegenseitig unterstützen. Mit Mut zur Lücke richten sie den Fokus auf Kernaufgaben und schützen sich so vor Überlastung und Ausbrennen. Voraussetzungen sind Vertrauen, psychologische Sicherheit, Raum für Emotionen und konstruktives Lernen aus Fehlern. Führungskräfte setzen den Rahmen für die interaktionalen Prozesse, indem sie ermutigen oder/und Hindernisse beseitigen.

-Organisationen: Sie können kritische Situationen abfedern und sich anpassen, um so ihre Ziele zu erreichen, zu überleben und zu wachsen. Wichtige Aspekte für resiliente Unternehmen sind die Wahrnehmung kleiner Abweichungen, frühzeitige Informationsweitergabe, Entscheidungskompetenzen, Aufbau von Redundanzen, Fokus auf Kernprodukte und Kernprozesse sowie eine Vertrauens- und Wertekultur.

Herausforderung #3 – Die Auswirkungen

Welche Auswirkungen einzelne Maßnahmen haben werden, lässt sich nur auf Basis von Erfahrungswerten prognostizieren – letztlich zeigt sich der Erfolg immer erst im Rückblick. Diese Unsicherheit bei der Auswahl der Maßnahmen gilt es auszuhalten.

Fakt ist: Vorträge, Bücher, Videos und Podcasts sind gute Tools, um sich zu informieren und für das Thema Resilienz zu sensibilisieren. Resilienztrainings und Resilienzworkshops sind ebenfalls ein sehr sinnvoller praktischer Einstieg und ein erster Schritt zu mehr Resilienz – aber für nachhaltige Verhaltens- und Einstellungsveränderungen braucht es eigenes Tun und vor allem den Transfer in den Alltag.

Organisationen benötigen darüber hinaus interne Unterstützer, um Veränderungen in Strukturen und Prozessen umzusetzen und voranzutreiben und so die organisationale Resilienz zu stärken. Hier sind Führungskräfte und Entscheider:innen gefordert. Resilienz liegt nicht allein in der Verantwortung der Mitarbeitenden, sondern ist eine Führungs- und Unternehmensaufgabe.

Die Aufgaben der Führungskräfte: Entscheiden. Ermutigen. Gestalten.

Führungskräfte entscheiden, welchen Stellenwert Resilienzstärkung haben soll, was dafür getan wird und welche Budgets freigegeben werden. Sie entscheiden oder schlagen zumindest vor, wer an Resilienz-Coachings oder Resilienztrainings teilnimmt. Und sie müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Resilienz nachhaltig verankern kann – bei den einzelnen Mitarbeitenden, in den Teams, aber auch in der Organisation als Ganzes. Sie übernehmen die Verantwortung, dass es „klappt“ mit dem Plus an Resilienz, dass das Ziel präsent und der Prozess lebendig bleibt.

Vielleicht brauchen Führungskräfte deshalb erst einmal Klärung und Stärkung für sich selbst, um sich nicht zwischen den Anforderungen des Unternehmens – also der Formulierung und Durchsetzung klarer Ziele und Erwartungen – und der Interessen der Mitarbeiter:innen aufzureiben. Ein Resilienztraining für Führungskräfte oder einige Coachingstunden können hier bei der Reflexion und der Stärkung der eigenen inneren Stärken helfen.

Hinzu kommt: Es gibt immer mehr „Knowledge Worker“, die Experten auf ihrem Gebiet sind, höhere Ansprüche haben und viel selbstbestimmter agieren müssen (und wollen), als es noch vor 20 Jahren der Fall war. Was brauchen diese Mitarbeiter:innen, um gerne und motiviert in einem Team mitzuarbeiten? Wie kann man diese Mitarbeiter:innen als Partner für die Resilienzstärkung gewinnen? Hier kann beispielsweise ein Team-Check zu den aktuellen Schutz- und Risikofaktoren und eine gemeinsame Maßnahmenplanung eine passende Antwort sein.

„Führungskräfte können das Thema Resilienzstärkung nicht einfach wegdelegieren“, fasst Prof. Heller zusammen. „Sie sind gefordert, die sogenannte Verhältnisprävention mit gesundheitsförderlichen Rahmenbedingungen aktiv zu gestalten. Mitarbeiter:innen erwarten, dass man ihnen auf Augenhöhe begegnet und sind höchst sensibel, wenn nur Alibi-Veranstaltungen angeboten werden.“

Unterstützung durch Resilienzberater:innen

Resilienzberater:innen sind die richtigen Ansprechpartner:innen, Führungskräfte bei dieser Aufgabe zu entlasten und das Thema Resilienzstärkung zu planen und voranzutreiben. Sie können passgenaue Maßnahmen planen und durchführen, unterstützen Einzelpersonen in ihrer jeweiligen Rolle, stärken Teams und geben strukturelle Impulse für die Entwicklung einer resilienten Organisationskultur. Es lohnt sich, in diese Kompetenzen zu investieren – beispielsweise indem Personal- und Organisationsentwickler:innen oder Führungsverantwortliche die (Zusatz-)Qualifikation als Resilienzberater:in erwerben.

Der nächste Kurs zur „Ausbildung Resilienzberatung“ von Prof. Dr. Jutta Heller startet Ende September 2023. Mehr Infos unter https://juttaheller.de/akademie-jutta-heller/resilienz-beratung/

Quelle: https://juttaheller.de/qual-der-wahl-resilienzstaerkung/

Über Prof. Dr. Jutta Heller | Nach über 30 Jahren als Beraterin, Trainerin, Rednerin und Autorin zählt Prof. Dr. Jutta Heller zu den führenden Expert:innen für individuelle und organisationale Resilienz. Sie begleitet Unternehmen, Führungskräfte und Teams bei der Umsetzung von Veränderungsmaßnahmen, unterstützt mit Resilienz-Coachings die „Stehauf-Qualitäten“, hält Vorträge und leitet die Zertifikats-Ausbildung „Resilienzberatung“. Die promovierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin studierte Politikwissenschaft und Erwachsenenbildung und war neben ihrer selbständigen Beratertätigkeit über zehn Jahre Professorin für Training & Business Coaching an der Hochschule für angewandtes Management, u.a. als Dekanin und Prodekanin.

Kontakt
Jutta Heller – Resilienz für Unternehmen
Jutta Heller
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