Geburtsdaten von Gesellschaftern, Privatadressen von Geschäftsführern, teilweise sogar Originalunterschriften: Solche sensiblen Informationen über viele Unternehmen und Personen sind im Handelsregister mittlerweile für jedermann ohne Registrierung abrufbar. Die Unternehmensverbände AAN, AIW und WVS rufen deshalb zur Prüfung auf – denn es gibt einen Anspruch, von dem viele noch nicht wissen: Die Dokumente können ausgetauscht werden.
Dass die Daten überhaupt abrufbar sind, ist keine Neuigkeit: Nach Auskunft der NRW-Datenschutzbeauftragten müssen personenbezogene Daten aus dem Register „für jedermann abrufbar sein, um der Transparenz im Rechtsverkehr zu dienen“ – daher sei es gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings war der Abruf jahrelang nicht kostenlos möglich und auch nur nach Registrierung.
Doch vor gut einem Jahr gab es eine Änderung: Das Registerportal ist seitdem kostenfrei und ohne Registrierung zugänglich, wodurch es viel leichter geworden ist (und wohl auch nicht nachverfolgbar), zum Beispiel Unterschriften oder Privatadressen abzugreifen. „Leider wurden tatsächlich schon erste Missbrauchsfälle registriert“, stellt der AIW-Vorsitzende Andreas Brill fest – er hatte sich im Namen seines Verbandes und der beiden Schwesterverbände mit einer Beschwerde an die Datenschutzbeauftragte gewandt: „Schließlich kann es doch nicht sein, dass im Handelsregister schützenswerte Daten abrufbar sind!“
Die Möglichkeit des Datenmissbrauchs sollte man ernst nehmen
Die Antwort war überraschend positiv: Die Beauftragte selbst teilt die Einschätzung der Verbände, dass sich durch die komplette Freigabe des Registerportals „die Reichweite der abrufbaren Daten bzw. die Zahl der Personen, die faktisch auf das Portal zugreift, deutlich erhöht“ haben sollte. Sie weist sogar explizit darauf hin: „Es ist für mich gut nachvollziehbar, dass Sie sich um den Missbrauch Ihrer Daten sorgen. Auch nach unserer Einschätzung ist diese Sorge wegen der nunmehr sehr leichten Zugänglichkeit der Daten ernst zu nehmen.“
Die AIW-Beschwerde wurde stellvertretend auch für die Vereine AAN (Aktive Unternehmen am Niederrhein) und WVS (Wirtschaftsvereinigung für den Kreis Steinfurt) eingereicht. Andreas Brill erklärt: „Wir wollen damit das Gewicht erhöhen, um deutlich zu machen: Selbstverständlich ist Datenschutz in Deutschland wichtig, aber während etwa für ein Foto im Kindergarten Datenschutzerklärungen auszufüllen sind oder die Liste mit Geburtstagen im Verein schon gegen das Datenschutzgesetz verstößt, wirkt es aktuell so, als ob die Daten von Unternehmerinnen und Unternehmern offensichtlich weniger wert sind.“
Unternehmen haben Anspruch auf Austausch der Dokumente
Michael Girbes, Vorsitzender des AAN, schließt sich dieser Haltung an und appelliert an die Unternehmen in der Region, im Handelsregister zu prüfen, ob persönliche Daten öffentlich zugänglich sind: „Sie sollten im eigenen Interesse die beim Registergericht hinterlegten Unterlagen einsehen. Wenn keine gespeichert sind, ist dies natürlich eine gute Nachricht. Aber falls doch, beauftragen Sie Ihren Notar, die kritischen Dokumente gegen neutralisierte Dokumente auszutauschen.“
Denn was viele nicht wissen: Der Anspruch, die Dokumente austauschen zu lassen, wird zurzeit vom Bundesjustizministerium gesetzlich vorbereitet. „Zwar sind für die Handelsregister die Justizministerien der Länder zuständig, aber es ist davon auszugehen, dass diese Anweisung des Bundesjustizministeriums zeitnah umgesetzt wird“, schätzt Andreas Brill. „Nach dem Austausch sollte allerdings noch einmal geprüft werden, ob die alten Dokumente damit wirklich nicht mehr einsehbar sind. Leider bleiben damit wieder einmal Kosten und Aufwand bei den Unternehmen hängen.“
Alle drei Unternehmensverbände bleiben am Thema dran
Weil die NRW-Datenschutzbeauftragte die Verantwortung auf die jeweiligen Registergerichte abwälzt, überlegen die AIW zusammen mit AAN und WVS aktuell, exemplarisch eine Beschwerde bei einem Registergericht einzureichen. „Damit wollen wir die politisch Verantwortlichen darauf aufmerksam machen, dass auch wir als Unternehmer und Unternehmerinnen einen Anspruch auf den Schutz unserer Daten haben“, hebt Brill hervor.
Michael Girbes vom AAN ( www.aan.de) richtet eine Bitte an die Unternehmen: „Unterstützen Sie uns bei dieser Initiative, zum Beispiel indem Sie mit Ihren Landtagsabgeordneten und weiteren politischen Entscheidungsträgern über diese Problematik sprechen. Und vor allem: Prüfen Sie, welche Daten über Sie im Handelsregister abrufbar sind, und lassen Sie die Dokumente gegebenenfalls austauschen. Wenn viele Unternehmen diesem Aufruf folgen, wird auch dies nicht unbemerkt bleiben!“
Der AAN Unternehmensverband „Aktive Unternehmen am Niederrhein e.V.“ mit Sitz in Xanten ist die regionale Netzwerkplattform für Unternehmerinnen und Unternehmer. Sein Ziel ist es, den Austausch von Ideen und Erfahrungen unterschiedlichster Branchen und Unternehmensgrößen zu gestalten, Interessen zu bündeln und sie im Austausch mit Politik und Verwaltung zu verdeutlichen. Dabei fördert der AAN mit einer Vielzahl von Aktivitäten die Region, damit sie auch zukünftig ein attraktives Lebensumfeld für die Fachkräfte des Mittelstands sein kann.
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