Die Europäische Zentralbank wird weiblicher

Nun soll es also die Französin Christine Lagarde werden. So zumindest lautet der Vorschlag der Staats- und Regierungschefs der EU für den Spitzenposten der Europäischen Zentralbank. Und nach Lage der Dinge wird er wohl auch so realisiert werden, denn das Parlament in Straßburg kann es nicht verhindern – die Parlamentarier haben nur ein Anhörungsrecht.

Wenn wir uns die bisherigen Präsidenten der EZB so anschauen, dann müssen wir feststellen, dass nach der jeweils halben Amtszeit von Wim Duisenberg (Niederlande) und Jean-Claude Trichet (Frankreich) sowie der vollen Amtszeit von Mario Draghi (Italien) schon wieder jemand aus Frankreich die EZB führt.

Jens Weidmann, der die Bundesbank in der EZB vertritt, hatte dagegen keine Chance und wohl auch nicht die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin. Und ihre skandalbelastete Parteifreundin, Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, möchte Angela Merkel als Präsidentin der EU-Kommission entsorgen. Gut möglich aber, dass die Personalie nicht Realität wird, denn dieser prestigeträchtige Spitzenjob muss im EU-Parlament die Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten finden. Danach sieht es allerdings aktuell nicht aus. Trotzdem ist das von Deutschland so sehr angestrebte Präsidentenamt bei der EZB erst einmal wieder passe.

Und wenn die Gerüchteküche stimmt, dann wird Jens Weidmann als Nachfolger von Christine Lagarde beim Internationalen Währungsfonds gehandelt. Allerdings ist diese Position auch nicht ganz sicher, denn die nichteuropäischen Mitgliedsländer des IWF hatten schon bei der Wahl von Lagarde eigene Personalvorstellungen. Es könnte also sein, dass sie sich dieses Mal durchsetzen.

Wer ist Christine Lagarde?

Christine Madeleine Odette Lagarde wurde am 1. Januar 1956 in Paris geboren. Sie studierte Sozialrecht am Institut d’etudes politiques d’Aix-en-Provence und schloss dort mit einem DESS, vergleichbar mit einem Master, ab.
Die Aufnahmeprüfung für die französische Elite-Universität ecole nationale d’administration (ENA) in Straßburg bestand sie nicht. So machte sie einen MA in Englisch, einen Master of Business Law (LL.M.) und ein Diplom in Arbeitsrecht an der Universität Paris X-Nanterre. Zwischendurch hospitierte sie im US-Parlament im Büro von William Cohen, seinerzeit Verteidigungsminister unter US-Präsident Bill Clinton.
Nach ihrem Studium trat Lagarde 1981 als Rechtsanwältin in das Pariser Büro der US-Kanzlei Baker & McKenzie ein. Von 1999 bis 2004 war sie Präsidentin der Geschäftsführung und ab 2004 Vorsitzende des Global Strategy Committee von Baker & McKenzie in Chicago (USA), einer der größten internationalen Wirtschaftskanzleien mit seinerzeit rund 3400 Anwälten in 70 Ländern und etwa einer Milliarde US-Dollar Jahresumsatz.
Von Juni 2005 bis Mai 2007 war Lagarde beigeordnete Ministerin für Außenhandel. Vom 18. Mai bis zum 19. Juni 2007 fungierte sie als Ministerin für Landwirtschaft und Fischerei. Nach einer Regierungsumbildung am 19. Juni 2007 bekleidete sie bis zum 29. Juni 2011 das Amt der Ministerin für Wirtschaft und Finanzen.

Nicht ganz unumstritten war ihre Zeit als Wirtschafts- und Finanzministerin wegen ihres vorschnellen Vergleichs mit dem Geschäftsmann Bernard Tapie im Jahr 2008 über 403 Millionen Euro. 2014 wurde ein Anklageverfahren gegen sie eingeleitet, 2016 wies das Kassationsgericht ihren Einspruch ab. Sie musste sich danach vor dem Gerichtshof der Republik verantworten. Im Dezember 2016 wurde Lagarde schließlich durch das Gericht des fahrlässigen Umgangs mit öffentlichen Geldern schuldig gesprochen. Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten zuvor auf Freispruch plädiert. Eine Strafe verhängte das Gericht jedoch nicht.
Seit dem 5. Juli 2011 ist Christine Lagarde geschäftsführende Direktorin des IWF und bestreitet seit dem 5. Juli 2016 ihre zweite Amtsperiode.

Was ist von der neuen EZB-Präsidentin zu erwarten?

Wenn wir die Biografie von Lagarde betrachten, fällt auf, dass sie Juristin und keine Volkswirtin ist. Aber geschenkt – der Chef der Fed, Jerome Powell, ist auch Jurist von Beruf.
Christine Lagarde gilt als harte, aber diplomatische Verhandlungspartnerin. Alarmismus ist nicht ihr Stil. Während Populisten Panik verbreiten, liefert sie stets nüchterne Analysen. Es besteht mit ihr am Ruder der EZB jedoch die Gefahr, dass diese schleichend politisiert wird und ihre Unabhängigkeit verliert. Diesem Eindruck muss die neue EZB-Chefin entschieden entgegentreten.

Wie reagieren die Märkte?

Obwohl sie ihr Amt erst im Oktober antritt, sind die Anleiherenditen für europäische Staatsanleihen schon jetzt ein wenig tiefer gerutscht, für Spanien und Italien um rund ein Zehntel Prozentpunkt. Auf knapp minus 0,4 Prozent fiel die Rendite für deutsche Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit – neues Rekordtief.

Eine Zinswende scheint auch unter Lagarde recht unwahrscheinlich – Geld bleibt billig. Das ist förderlich für die Aktienmärkte. Aber ob das noch einmal acht Jahre lang gut geht? Wir wissen es nicht.

Fazit

Aber solange es gut geht, sind Aktien und Aktienfonds der einzige Weg, um Rendite zu erzielen. Jeder Inhaber eines Sparbuches oder Termin-/Festgeldkontos sollte daher die Notbremse ziehen und jetzt auf diese bessere Form der Anlage umsatteln.

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