Tipps für verhaltenswirksame Kommunikation und Vermeidung von Diskriminierung
Die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG), Sektion III (Sozial- und Verhaltenswissenschaftliche Gerontologie) hat ein Papier veröffentlicht mit Empfehlungen für die Berichterstattung über Corona und Alter.
Dr. Gundolf Meyer-Hentschel, Inhaber des Meyer-Hentschel Instituts und Initiator des “ Publizistikpreis Alter„, hat daraus die folgenden drei Anregungen für Kommunikationsverantwortliche und Journalisten abgeleitet:
1. Hohes Alter von Erkrankten und Verstorbenen
Bitte überlegen Sie, ob diese Information wirklich wichtig ist und welche Schlüsse die Empfänger daraus ableiten könnten.
Die Botschaft vermittelt implizit, dass für alle Menschen, die nicht alt sind, nur geringe Gefahren bestehen. Das ist gefährlich: 65jährige fühlen sich deutlich jünger als 85jährige, haben aber – bei entsprechenden Vorerkrankungen – ein ähnlich hohes Risiko.
Es kommt hinzu: Die Angabe eines hohen Alters der Verstorbenen kann zu dem Schluss führen, dass Covid-19 nicht so schlimm sei, weil der Tod für alte Menschen etwas Normales und weniger Schwerwiegendes sei.
2. Pauschale Begriffe: Alte, Ältere, Senioren
Bitte verwenden Sie nach Möglichkeit keine pauschalen Begriffe wie Alte, Ältere, Senioren, wenn Sie bestimmte Verhaltensweisen der älteren Bevölkerung erreichen wollen. Pauschalisierende Formulierungen sind oft negativ besetzt und werden deshalb von den Empfängern nicht auf sich selbst bezogen: Alt sind nur die Anderen.
Anregung: Formulieren Sie konkret, z.B. Menschen mit chronischen Erkrankungen, Patienten mit mehreren Erkrankungen (z.B. Bluthochdruck, Diabetes), Menschen mit Pflegebedarf; Menschen, die in Heimen leben.
3. Alte Menschen sind nicht automatisch Opfer
Die Mehrheit älterer Menschen verfügt nachweislich über gut ausgeprägte Strategien im Umgang mit widrigen Umständen und Verlusten. Viele engagieren sich für die Gesellschaft, gerade in Krisenzeiten.
Pensionierte Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte spielen in der augenblicklichen Situation eine nicht zu unterschätzende Rolle. Andere engagieren sich in Familien, der Nachbarschaft und Vereinen.
Hintergrund:
Die Corona-Pandemie ist eine große Tragik für jeden einzelnen Erkrankten. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass die Pandemie sich in unseren Köpfen festsetzt, falsche Einstellungen formt, alte Vorurteile wieder aufleben lässt. Viele Jahre lang hat die Alternswissenschaft (Gerontologie) geforscht und dokumentiert, wie vielfältig das Alter ist und damit dem hohen und sehr hohen Alter eine neue Wertschätzung gegeben. Covid-19 ist auf dem besten Weg, das Alter wieder zu reduzieren auf: gefährdet, krank, hilfsbedürftig und Opfer. Die oben aufgeführten Tipps können helfen, dieses Risiko zu verringern.
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Fachlicher Ansprechpartner bei der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie
Prof. Dr. Eva-Marie Kessler, Vorsitzende des Vorstandes der Sektion III (Sozial- und Verhaltenswissenschaftliche Gerontologie)
E-Mail: eva-marie.kessler@medicalschool-berlin.de
Das Meyer-Hentschel Institut beschäftigt sich mit langfristigen Trends, u.a. mit den Auswirkungen des demografischen Wandels auf Wirtschaft und Gesellschaft. Unternehmensgründer Dr. Gundolf Meyer-Hentschel ist Initiator des „Publizistikpreis Alter“.
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