Notvertretungsrecht für Ehepaare und Lebenspartnerschaften – Verbraucherinformation der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH

Neue Regelungen für medizinische Notfälle

Ein Unfall, Schlaganfall oder Herzinfarkt – ganz plötzlich kann jemand nicht mehr in der Lage sein, seinen Willen zu äußern. Ohne Vollmacht konnten auch Ehepartner hier bisher nicht einspringen. Seit dem 1. Januar 2023 ist das anders: Welche rechtlichen Regelungen jetzt gelten, worauf Eheleute achten müssen und warum Vollmachten und Co. trotzdem sinnvoll sind, erklärt Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.

Vertretung bisher nur mit Vollmacht

In medizinischen Notfällen, in denen sich der Betroffene selbst nicht mehr äußern kann, durften Ehe- oder Lebenspartner bisher nur mit einer Vorsorgevollmacht Entscheidungen übernehmen. „Ansonsten bekamen Betroffene vom Betreuungsgericht einen Betreuer zur Seite gestellt“, so Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. Seit Jahresbeginn 2023 hat sich die Rechtslage geändert. „Laut dem neuen § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuches dürfen sich nun verheiratete oder in einer Lebenspartnerschaft lebende Paare in medizinischen Notfällen gegenseitig vertreten – auch ohne Vollmacht“, so die Juristin.

Neue Rechte für Ehepaare und Lebenspartnerschaften

Das heißt zum Beispiel, dass Ehepartner zu operativen Eingriffen oder vorgeschlagenen Untersuchungen schnell Entscheidungen fällen können. „Darüber hinaus sind sie zum Beispiel auch dazu berechtigt, sich um die Kommunikation mit dem Krankenhaus oder eilige Reha-Maßnahmen zu kümmern“, erläutert Rassat. Allerdings gilt: Finanzielle Angelegenheiten des Patienten sind tabu und auch Verträge darf die vertretende Person nur abschließen, wenn diese für medizinische Behandlungen, Reha-Maßnahmen oder Pflege nötig sind. „Ein Auto im Namen des Ehepartners zu kaufen ist beispielsweise nicht möglich“, so die ERGO Juristin.

Nur sechs Monate

Das Notvertretungsrecht gilt allerdings nur für sechs Monate – ohne Vollmacht übernimmt anschließend ebenfalls ein gesetzlicher Betreuer. In diesem Zeitraum sind die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht gegenüber dem Ehepartner entbunden. Das heißt: Ärzte dürfen ihn über alles aufklären, was die Gesundheit des Partners betrifft und müssen ihm Auskunft dazu geben.

Wann das Notvertretungsrecht nicht gilt

In einigen Ausnahmefällen ist eine gegenseitige Vertretung bei Eheleuten und Lebenspartnern jedoch nicht möglich. „Gibt es beispielsweise eine Vorsorgevollmacht oder ist bereits ein gesetzlicher Betreuer bestellt, greift das Notvertretungsrecht nicht“, erläutert Rassat. Weitere Ausnahmen sind: Getrennt lebende Paare oder wenn die erkrankte Person einer Vertretung durch ihren Partner explizit widersprochen hat. „Ein solcher Widerspruch gegen das Notvertretungsrecht kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer hinterlegt werden“, so die Juristin der ERGO Rechtschutz Leistungs-GmbH. Seit 1. Januar 2023 erhalten Ärzte diese Auskunft über ein automatisiertes Abrufverfahren.

Schriftliche Bestätigung als Beweis

Außerdem wichtig zu wissen: Der Partner muss gegenüber dem behandelnden Arzt schriftlich bestätigen, dass er das Notvertretungsrecht bisher nicht ausgeübt hat und dass keiner der gesetzlichen Ausschlussgründe vorliegt. Auch der Arzt muss eine schriftliche Bestätigung erstellen, dass die erkrankte Person sich nicht mehr selbst um ihre gesundheitlichen Angelegenheiten kümmern kann. Diese Bestätigung kann der Partner dann gegenüber anderen Stellen, etwa einer Reha-Klinik, vorlegen, um sein Notvertretungsrecht zu beweisen“, ergänzt Rassat.

Mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bestmöglich abgesichert

Trotz Notvertretungsrecht rät die ERGO Juristin, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Nicht nur, weil das Notvertretungsrecht nur sechs Monate gilt, sondern auch weil eine Vorsorgevollmacht dem Partner erlaubt, beispielsweise auch finanzielle oder versicherungstechnische Angelegenheiten ohne Gesundheitsbezug zu regeln. Eine zusätzliche Patientenverfügung kann dem Partner zudem dabei helfen, die Entscheidungen umzusetzen, die sich der Betroffene wünscht.
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