Wissenschaftler warnen: Holzpellets sind eine Bedrohung für das Klima

„Kein Silberpellet“

Die Verbrennung von Holzbiomasse zur Strom- und Wärmeerzeugung wird in Europa als eine wichtige Lösung zur Erreichung der Klimaziele propagiert. Aber vor allem Holzpellets setzen pro Kilowattstunde mehr CO2 frei als Kohle, wie eine Reihe von Berichten des Wissenschaftsbeirats der Europäischen Akademien (EASAC) zeigt. „Holzpellets sind kein Wundermittel, um Strom und Wärme zu liefern, ohne zum Klimawandel beizutragen. Auch wenn die EU und die nationale Politik Anreize für deren Einsatz in großem Maßstab schaffen“, sagt Prof. Lars Walloe, Vorsitzender des Umweltprogramms der EASAC.

„Hört auf die Wissenschaft“ lautet der Kampfruf der Fridays-for-Future Bewegung. Und während die Klimakonferenz in Madrid dem Ende zugeht, wird mit jedem Tag klarer: Sowohl die Realität des Klimawandels als auch die Suche nach technologischen Lösungen, um einen weiteren Anstieg der globalen Temperatur noch zu verhindern, werden immer verzweifelter. Nun warnen die Europäischen Nationalen Akademien der Wissenschaften vor den gravierenden Diskrepanzen zwischen Stand der Wissenschaft und realer Politik, wenn es um Biomasse geht.

„Wenn wir das Klima noch retten wollen, gibt es keine Alternative dazu, die Verbrennung von Kohle und anderen fossilen Energieträgern zu stoppen. Aber wir haben auch immer wieder darauf hingewiesen, dass die groß angelegte Substitution von Kohle durch Holzbiomasse in vielen Fällen den Klimawandel beschleunigt und das Risiko erhöht, dass die Pariser Klimaziele nicht erreicht werden. Der Grund dafür ist einfach: Wenn Wälder abgeholzt und als Bioenergie genutzt werden, gelangt der gesamte Kohlenstoffgehalt der Biomasse sehr schnell in die Atmosphäre, wird aber von neuen Bäumen jahrzehntelang nicht wieder aufgenommen. Das steht im Widerspruch zur Dringlichkeit, die Klimakrise zu bekämpfen“, sagt EASACs Prof. Michael Norton, Direktor des EASAC-Umweltprogramms.

Trotz Warnung der Wissenschaftler: Biomasse-Bestimmungen in der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien schaden dem Klima mehr als sie nützen

Trotz vieler wissenschaftlicher Warnungen verschließen die UN-Regeln zur CO2-Bilanzierung die Augen vor den Klimaauswirkungen der Rodung von Wäldern, um sie zu verbrennen. In Übereinstimmung mit den UN-Vorschriften, betrachten die 2018 überarbeiteten EU-Richtlinie für erneuerbare Energien und das EU-Emissionshandelssystem (ETS) die Biomassenutzung als CO2-neutral. „Das erweckt bei Energieverbrauchern und politischen Entscheidungsträgern einen falschen Eindruck, und diese Lücken müssen schnell geschlossen werden“, fügt Michael Norton hinzu.

„Das Konzept der Klimaneutralität der Holzbiomasse mag im Jahr 2009 eine gewisse Gültigkeit gehabt haben, als die Dringlichkeit der Bekämpfung der globalen Erwärmung noch nicht so gesehen wurde. Die Idee war schlicht, dass bei der Wiederaufforstung so viel CO2 aus der Atmosphäre entfernt wird, wie bei der Verbrennung freigesetzt wird. Aber der Fokus liegt heute auf der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 oder 2°C. Dies erfordert dringende Maßnahmen – wir können nicht darauf warten, dass neue Bäume nachwachsen, während bei der Verfeuerung der Biomasse große Mengen an Kohlenstoff in die Atmosphäre gepumpt werden“, sagt Michael Norton.

Die hohen Subventionen für erneuerbare Energien, die in einigen EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden, haben zu einem enormen Anstieg der Nutzung von Holzbiomasse geführt – einschließlich des Ersatzes von Kohle in Großkraftwerken durch Importe, zum Beispiel aus den USA, Kanada und anderen europäischen Ländern. Das Abholzen von Wäldern zur Herstellung von Holzpellets, die über Tausende von Kilometern transportiert werden, wurde in einem Umfang von vielen Millionen Tonnen pro Jahr industrialisiert.

COP25 – „Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben“

Ein kritischer Faktor bei der Nutzung von Biomasse ist die so genannte Carbon Payback Periode, also die Zeit, die neue Bäume benötigen, um den bei der Verbrennung freigesetzten Kohlenstoff wieder aufzunehmen. Die Verbrennung von Holzbiomasse ist keineswegs klimaneutral, sondern setzt während der Carbon Payback Period, die für die wichtigsten Bäume zwischen 50 und 100 Jahren liegt, CO2 in die Atmosphäre frei. Das muss man berücksichtigen, wenn man beurteilen will, wie das Ziel der Begrenzung der Erwärmung auf maximal 1,5 Grad erreicht werden kann. EASAC zufolge müsste in den Nachhaltigkeitskriterien für Biomasse eine maximal zulässige CO2-Payback Periode festgesetzt werden, die mit dem Pariser Abkommen vereinbar ist.

Auf der Konferenz von Madrid war zu sehen, wie sich nationale Regierungen ihrer Erfolge rühmen wollen. Irreführende Regeln für die CO2-Bilanzierung ermöglichen es, nationale Emissionen auf dem Papier zu reduzieren, indem man einfach von Kohle (wo Emissionen gemeldet werden müssen) auf importierte Biomasse (ausgewiesen als Null-Emissionen) umsteigt. „Die energetische Nutzung von Holzbiomasse wird als sprichwörtliche „Silberkugel“ gefeiert, die Politikern, Forstwirten und Energieunternehmen eine Win-Win-Win-Win-Situation beschert, weil die derzeitigen Regeln es erlauben, sie als erneuerbare Energie zu subventionieren. Aber für das Klima ist es, als würde man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben“, sagt Dr. William Gillett, Direktor des Energieprogramms der EASAC.

EASAC Berichte und Veröffentlichungen zum Thema:

Norton, M, Baldi, A, Buda, V, et al. (2019) Serious mismatches continue between science and policy in forest bioenergy. GCB Bioenergy; 11: 1256- 1263. https://doi.org/10.1111/gcbb.12643

EASAC (2019) Forest bioenergy, carbon capture and storage, and carbon dioxide removal: an update. https://easac.eu/publications/details/forest-bioenergy-carbon-capture-and-storage-and-carbon-dioxide-removal-an-update/

EASAC (2018) Commentary on Forest Bioenergy and Carbon Neutrality. https://easac.eu/publications/details/commentary-on-forest-bioenergy-and-carbon-neutrality/

EASAC (2018) Multi-functionality and Sustainability in the European Union’s Forests. https://easac.eu/publications/details/multi-functionality-and-sustainability-in-the-european-unions-forests/

Kontakte:

Professor Michael Norton
EASAC Environment Programme Director
Email: Michael.Norton@easac.eu
Mobil: +81-90-6620-3230 (Japan: UTC+9)

Dr William Gillett
EASAC Energy Programme Director
Email: William.Gillett@easac.eu
Mobil: +44 7879 635 740

Professor Lars Walloe
Chair of the EASAC Environment Steering Panel
Email: lars.walloe@medisin.uio.no
Mobil: +47 90967531

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