Acht Lehren für Supply Chain Manager aus der Corona-Krise

Gähnend leere Supermarktregale, geschlossene Bankfilialen und IKEA-Märkte in Deutschland zeigen eins überdeutlich: Das Land erlebt zwar keine Stunde Null, aber nähert sich dem Stillstand. Auf der anderen Seite kann das Leben eines Supply Chain Managers im Moment kaum stressiger sein: Container, die irgendwo in China festsitzen, Kunden, die im Zuge von Hamsterkäufen am Liebsten dem Händler das Toilettenpapier aus der Hand reißen möchten, oder Lagerlogistiker, denen das nötige Personal fehlt.

„Kein einziger Arbeitsplatz geht wegen Corona verloren“ – naiv wie nicht haltbar

Auch wenn bislang nicht klar ist, in welcher Phase der Coronavirus-Ausbreitung wir uns gerade befinden, bietet es sich nach gut zwei Monaten Corona in Deutschland an, als Supply Chain Manager ein Zwischenfazit zu ziehen. Denn eines ist schon heute schon absehbar, die Aussage des Bundeswirtschaftsministers „Kein einziger Arbeitsplatz geht wegen Corona verloren“ dürfte sich sehr bald als ebenso naiv wie falsch herausstellen.

Erste Erkenntnisse für Supply Chain Manager

Folgende acht Lehren lassen sich Stand heute für Logistik und Supply Chain Management ziehen:

Risikomanagement im SCM ist keine graue Theorie, sondern elementare Unternehmensführung!

Für Kapitalgesellschaften sind Risikofrüherkennungssysteme zwar Pflicht, die Umsetzung erfolgte aber meist technokratisch-abstrakt, sozusagen als notwendiges Übel. Das Coronavirus zeigt, dass Seuchen branchenübergreifend Unternehmen an den Existenzrand bringen können.

Corona-Virus eine Pandemie, die vor Ländergrenzen nicht Halt macht!

Anfangs als lokales Problem irgendwo in China belächelt, macht das Virus vor Grenzen nicht halt. Trotz Schließens innereuropäischer Grenzen sowie der Abschottung der EU für Nicht-EU-Bürger lässt sich das Virus zwar bremsen, aber nicht stoppen.

Logistik und Logistikdienstleister bleiben das Rückgrat der Wirtschaft!

Ohne funktionierende Lieferketten und effiziente Logistiker kommt nicht nur die Geschäftswelt, sondern auch das tägliche Leben der Bevölkerung „unter die Räder“. Die Empfehlung von Gesundheitsminister Spahn „Die Menschen sollten Verkäuferinnen in den Supermärkten „einfach mal ein Lächeln“ schenken und den Lastwagenfahrern „einen freundlichen Wink“, zeigt, dass die aktuelle Krise vielleicht mehr für das Image der Logistikwirtschaft tut, als viele bisherigen Kampagnen.

Supply Chains sollten nur bis zu einem gewissen Grad ausgereizt werden!

Der Verschlankung von Supply Chains sind Grenzen gesetzt. Das Erhöhen von Sicherheitsbeständen, das Suchen nach second sources sowie zurück zu „make-to-stock“ erscheinen nicht mehr als Tabu-Begriffe im Supply Chain Management, sondern können unter bestimmten Rahmenbedingungen durchaus wirtschaftlich sein.

Supply Chains funktionieren nur mit einem Lieferantennetzwerk, auf das man sich verlassen kann!

In kritischen Zeiten wird besonders deutlich, auf welche Lieferanten und Logistikdienstleister man sich verlassen kann und auf welche eher weniger. Versuchen die Geschäftspartner alles Mögliche zu realisieren oder sind sie nur auf kurzfristigen Profit aus?

Trotz Megatrends Digitalisierung bleibt die (physische) Versorgungssicherheit in Risikosituationen oberstes Gebot eines Supply Chain Managers!

Vor dem Hintergrund zahlreicher Veröffentlichungen zur Digitalisierung konnte man den Eindruck gewinnen, dass das Kerngeschäft des Supply Chain Managers (die sieben Rights der Logistik!) als selbstverständlich anzusehen ist. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich jedoch, dass das richtige Gut am richtigen Ort für den richtigen Kunden in der richtigen Menge und Qualität zum richtigen Zeit und zu den richtigen Kosten oft leichter gesagt als realisiert ist.

Die Automobilindustrie ist nicht nur die wichtigste Branche, sondern auch die anfälligste in Deutschland (abgesehen von Tourismusindustrie)!

Kaum eine Industrie steht derzeit unter solchem Druck wie die Automobilindustrie: Strukturelle, konjunkturelle und nun auch gesundheitspolitische Veränderungen führen dazu, dass die Zukunft noch schwieriger als bisher prognostizierbar ist.

Verträge müssen vom Supply Chain Manager auf Regelungen bzgl. Lieferausfällen überprüft werden!

Die meisten Unternehmen haben heute keine Regelung bzgl. Lieferausfällen; die Regelung „force majeure“ reicht aber oft nicht aus!
Nachdenken statt Aktionismus

Das Coronavirus führt dazu, dass es nicht nur zu gesellschaftlichen, sondern auch starken wirtschaftlichen Einschnitten kommen wird, auch wenn derzeit noch keine Aussage zum Zeitpunkt des berühmten Lichts am Ende des Tunnels getroffen werden kann. Trotz dieser Unsicherheit sollte man sich die Zeit nehmen zu fragen, welche Erkenntnisse sich für das eigene Supply Chain Risk Management ableiten. Denn: Wie stark die Auswirkungen am Ende ausfallen, hängt ganz wesentlich vom Supply Chain Manager im Unternehmen ab.

Prof. Dr. Dirk H. Hartel, geboren 1972 in Eschwege/Nordhessen, arbeitet seit 2007 als Professor für Logistik und Supply Chain Management an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart, wo er den Studiengang BWL-Dienstleistungsmanagement leitet. Dirk Hartel absolvierte zunächst ein Duales Studium in Kooperation mit Siemens Nixdorf und studierte BWL parallel zu einer Tätigkeit bei Siemens im regionalen Marketing an der Universität Lüneburg. Von 1998 bis 2002 promovierte er bei Professor Wildemann an der TU München. Danach arbeitete er mehrere Jahre als Consultant für Supply Chain Management, Logistik und Organisation bei einer mittelständischen Unternehmensberatung in München, seit 2006 als Partner. Dr. Hartel übt Lehrtätigkeiten an privaten Universitäten und Hochschulen aus und ist nebenberuflich als Berater, Referent und Trainer tätig.

Veröffentlichungen in den Themenfeldern Logistik, Supply Chain Management, Supply Chain Risk Management, Outsourcing und Consulting, z. B. Bücher zu „Consulting und Projektmanagement in Industrieunternehmen“ (2009), „Fallstudien in der Logistik“ (2012), „Consultant-Knigge“ (2013), „Logistics and Supply Chain Management – A German-Indian Comparison“ (2017) sowie „Projektmanagement in Logistik und Supply Chain Management“ (2019).

Wir tragen Farbe im Namen. Lila entsteht durch die Kombination von Blau und Rot, unser Erfolg als Logistikdienstleister durch das Zusammenwirken von Denken und Handeln bzw. Beratung und Umsetzung. Durch diese für unsere Kunden sinnvolle Verbindung sind wir seit dem Gründungsjahr 1991 zu einem börsennotierten Unternehmen mit rund 1.700 Mitarbeitern gewachsen. Der stetige Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen unseren Geschäftsbereichen LILA CONSULT und LILA OPERATING ermöglicht es uns, Ihnen in Beratung und Umsetzung Logistikdienstleistungen zu bieten, die zukunftsweisend, effizient und nachhaltig sind. Und das entlang Ihrer kompletten Wertschöpfungskette.

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