Verschwörungstheorien – Die Seuche im Internet

Chemtrails, die BRD GmbH, Flat-Earther, Area 51, die QAnon-Bewegung oder die Bilderberger-Konferenz, ein geheimer Zirkel, der die Welt aus dem Schatten heraus regieren soll – es gibt unzählige mehr oder weniger glaubwürdige Theorien, die durch das Internet geistern. Sie alle finden ihre Anhänger, die die Geschichten weitertragen und immer mehr ausschmücken. Auch in der aktuellen Corona-Pandemie haben Verschwörungstheorien Hochkonjunktur. Warum es so viele Anhänger der teils wirklich kruden Behauptungen gibt und warum das auch gefährlich sein kann, hat SpardaSurfSafe, eine Initiative der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, untersucht.

Til Schweiger, Attila Hildmann und Xavier Naidoo sind nur drei der Prominenten, die derzeit Schlagzeilen mit seltsamen Aussagen machen und damit ihre Fans verwundern. Besonders der vegane Starkoch Hildmann scheint überzeugter Anhänger verschiedener Verschwörungstheorien zu sein, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen. Seinen Aussagen zufolge steht der dritte Weltkrieg kurz bevor. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sind demzufolge nur einleitende Schritte, den Mundschutz nennt er „Sklavenmaske“ und Zwangsimpfungen mit Mikrochips würden folgen. Selbstverständlich hat Hildmann mit Bill Gates auch schon einen Strippenzieher hinter dem Umbruchsplan ausgemacht. Und das ist nur eine der Theorien, von denen der Starkoch offenbar fest überzeugt ist. In Deutschland erhält die QAnon-Bewegung aktuell besondere Aufmerksamkeit, da Prominente, wie die Musiker Sido und Xavier Naidoo oder die Nachrichtensprecherin Eva Herman, immer wieder Teile dieser Verschwörungstheorien in der Öffentlichkeit zum Besten geben. QAnon ist mittlerweile zu einem Synonym für eine Vielzahl von Verschwörungstheorien geworden. So soll beispielsweise ein geheimer Zirkel aus Hollywood-Schauspielern, Politikern und Wirtschaftsbossen, angeführt von Barack Obama und Hillary Clinton, einen florierenden Kinderhändlerring betreiben und außerdem die US-Regierung kontrollieren. US-Präsident Donald Trump wurde von patriotischen Militärs eingesetzt um diese Geheimorganisation zu bekämpfen und einen Staatsstreich von George Soros und Hillary Clinton zu verhindern, verbreiten die Verschwörungstheoretiker.

„Für die meisten Menschen klingen solche Verschwörungstheorien nicht nur auf den ersten Blick ziemlich verrückt. Und doch finden sich immer mehr Anhänger solcher Geschichten, besonders in schwierigen Zeiten wie der Corona-Pandemie“, erklärt Götz Schartner vom Verein Sicherheit im Internet e.V., einem der Mitveranstalter von SpardaSurfSafe. „Das mag verwundern, lässt sich aber psychologisch recht einfach erklären: Für uns Menschen ist Unsicherheit schwer zu ertragen.“ Ein Ereignis wie die weltweite Ausbreitung eines neuen, gefährlichen Virus ist natürlich ein gewaltiger Unsicherheitsfaktor, dessen Auswirkungen unser aller Leben beeinflusst, ob wir wollen oder nicht. Die Wissenschaft liefert keine einfachen Antworten auf die vielen Fragen, die sich stellen, Informationen aus der Forschung kommen nur stückchenweise zum Vorschein und sind oft hochkompliziert. Deshalb suchen einige Menschen nach einfacheren Antworten und stoßen so auf Verschwörungstheorien. „Je tiefer die Menschen dann in die Materie eintauchen, desto logischer klingen die Argumente der Anhänger und schon beginnen auch üblicherweise logisch und rational denkende Leute daran zu glauben“, erklärt Schartner.

Umso wichtiger ist es daher zu wissen, wie man Verschwörungstheorien erkennt, um nicht mit Totschlag-argumenten wie „Die Presse/Politik/Wissenschaft/Wirtschaft lügt“ doch noch überzeugt zu werden. Der Experte rät, zum einen die Absender der Behauptungen genau unter die Lupe nehmen. Handelt es sich um einen einzelnen Menschen oder um eine Gruppe? Welche Qualifikationen bringt er mit? Will er anonym bleiben? Welche Ziele werden verfolgt?

Dann sollte man den Inhalt der verbreiteten Aussagen überprüfen. Gibt es noch andere Quellen oder nur diese eine? Bei fast allen Verschwörungstheorien sind die Anhänger sehr stark in den Social-Media-Kanälen aktiv. So werden Posts oftmals mit Sätzen, wie „Wacht auf!“ oder „Wer es jetzt noch nicht verstanden hat“, kommentiert. Häufig werden auch unseriöse Quellen, wie YouTube-Videos oder persönliche Blogs als Quelle angegeben, um die Behauptungen zu belegen. Deshalb sollte man immer auf Widersprüche achten. Welche Belege werden angeführt oder werden Tatsachen einfach in den Raum gestellt? Auch der gewählte Verbreitungsweg kann Aufschluss über die Glaubwürdigkeit einer Theorie geben. Handelt es sich um ein seriöses Medium oder eine Seite im Internet, auf der grundsätzlich jeder etwas einstellen kann, wie beispielsweise um Foren? Welche Tendenzen verfolgt das gewählte Medium und welche Geschichten werden ansonsten veröffentlicht?

Wem das zu viel Arbeit ist, der kann aber auch auf Webseiten wie Mimikama nachforschen. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Falschmeldungen und Verschwörungstheorien im Netz aufzudecken und zu bekämpfen.

Veranstalter und Träger von SpardaSurfSafe ist die Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, die gemeinsam mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg, dem Verein Sicherheit im Internet e. V. und dem Landesmedienzentrum Baden-Württemberg das Großprojekt seit 2011 durchführt. In Kooperation mit den IT-Sicherheitsexperten der 8com GmbH & Co. KG wurde ein Konzept entwickelt, das die Schüler im Rahmen des Unterrichts im Umgang mit den Neuen Medien aufklärt. „Wir haben das Konzept in den vergangenen Jahren erfolgreich in 27 verschiedenen Städten in Baden-Württemberg mit rund 370.000 Teilnehmern durchgeführt. Dafür bekommen wir durchweg positives Feedback von den Teilnehmern, ob Schüler, Eltern oder Lehrer“, erklärt Patrick Löffler vom Verein Sicherheit im Internet e. V.

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